Spanien 2002: Barcelona - Córdoba - Sevilla - Cadiz - Jerez de la Frontera - Tarifa Sehenswürdigkeiten von Barcelona, Córdoba, Sevilla, Cadiz und Jerez. Kunst und Mandarinen von Antoni Gaudi. Taschendiebe und Autoschlepper. Verwinkelte Altstädte. Orientalische Kultur. Andalusische Pferde. Heilige Keramiken. Leckere Tapas. Süßer Sherry.


 
   Etappe 6: Sevilla - Jerez de la Frontera - Cadiz  
   

Vergrößern: Cadiz

Vergrößern: Cadiz



Vergrößern: Jerez

Vergrößern: Jerez

Vergrößern: Jerez

 


Distanz: ca. 140km

Hotel: Hostal Bahia, Plocia 5, 11005 Cadiz, Tel.: 956-259061, Fax: 956-254208

Sehenswürdigkeiten: Real Escuela Andaluza Del Arte Ecuestre: Avda. Duque de Abrantes s/n, Tel.: 956-319635, Fax.: -318015, www.realescuela.org

Alcazar de Jerez: Alameda Vieja s/n, 11403 Jerez, Tel.: 956-319798, Fax.: -319561

Touristeninformation Cadiz: Plaza San Juan de Dios 11, 11003 Cadiz, Tel.: 956-241001, E-Mail: delegacion.turismo@cadizayto.es

Tourismusbüro Cadiz: Avda. Ramon de Carranza, Tel.: 956-258646

Touristeninformation Jerez: Calle Larga 39, 11403 Jerez, Tel 956-331150, Fax -331731, E-Mail: turismo.ipdc@aytojerez.es, www.webjerez.com

Stadtplan: Cadiz

 

Bodegas (Weinkeller/Sherryfabriken) in Jerez:

  • Gonzales Byass: Calle Manuel Maria Conzales 12, Tel.: 956-357016, Fax.: -357046, www.gonzalesbyass.es
  • John Harvey: Calle Pintor Muñoz Cebrian s/n, Tel.: 956-346000, Fax.: -349427
  • Maestro Sierra: Plaza de Silos 3, Tel.: 956-348602, Fax.: -342433
  • Marques del Real Tesoro: Ctra. Nacional IV - Km 640, www.grupoestevez.com
  • Pedro Domecq: Calle San Ildefonso 3, Tel.: 956-151500, Fax.: -338674, www.domecq.es
  • Sandeman: Calle Pizarro 10, Tel.: 956-151700, Fax.: -302626, www.sandeman.com
  • Williams & Humbert, Ctra. Nacional IV - Km 641.75, Tel.: 956-343406, Fax.: -353403, www.william-humbert.com
  • Garvey: Ctra Circunavalacion s/n, Tel.: 956-319650, Fax.: -319824, www.grupogarvey.com


Am morgen packten wir unsere Sachen zusammen und gingen auf dem Weg zum Frühstück mit einem Teil des Gepäcks gleich beim Auto vorbei. Auch zur Abfahrt hatte ich nicht vor mit dem Auto durch die Einbahnstraßen von Sevilla zu irren. Unterwegs trafen wir wieder auf den Brötchenlieferanten, der dieses mal gerade von seiner Tour zu seinem Wagen zurückkam. Glück gehabt ! Wir kauften für den Tag ein paar Brötchen und verabschiedeten uns dann freundlich voneinander.
Nach dem Frühstück liefen wir dann noch zum El Corte Ingles Kaufhaus, um dort nach einer Batterie für meine Kamera zu suchen. Tatsächlich gab es auch eine passende zu einem angemessenen Preis. Danach durfte ich in der Kosmetikabteilung (Abteilung ist vielleicht etwas untertrieben, wohl eher eine komplette Etage des riesigen Gebäudes) mir die verschiedenen Lidschatten und Lippenstifte zu Gemüte führen, die Silvia anschaute und mir präsentierte. Kaum zu glauben, was es für Frauen alles gibt... Jedenfalls gingen wir noch kurz in den Supermarkt und deckten uns noch etwas mit Proviant ein. Anschließend liefen wir zum Hotel, checkten aus und liefen mit unserem restlichen Gepäck zur Tiefgarage beim Plaza de Armas. Als wir alles eingeladen hatten, machte ich mich auf, um die Gebühr zu bezahlen. Meine Augen wurden sehr groß, als ich knapp 40 Euro für 3 Tage ablöhnen durfte. Es wäre wohl billiger gewesen wenn ich das Auto am gegenüberliegenden Flußufer, auf dem Messegelände, abgestellt hätte. Aber hinterher ist man eben immer schlauer.
Die Fahrt aus Sevilla ging einfacher als vermutet. Wir überquerten einige Brücken, darunter eine sehr hohe, von der aus wir einen guten Blick auf die Stadt hatten und ließen dann die Stadt bei schönsten Sonnenschein hinter uns. Unser Ziel war Cadiz, die Hafen- und Provinzhauptstadt direkt am Atlantischen Ozean gelegen. Von Sevilla aus kann man wählen, ob man die kostenpflichtige Autobahn oder die Nationalstraße N-IV benutzen will. Angesichts der geringen Distanz (ca. 140 km) wählte ich die Nationalstraße, auf der es recht flott vorwärts ging und wir noch ein wenig mehr von der Landschaft sahen. Die ist dann auch recht interessant, von Sevilla kommend ist es erst recht flach und eben, was dann bald in eine hügelige Landschaft übergeht. Auch die Farbe der Erde wechselt recht kraß zwischen rot und hellem braun. In der Hügellandschaft macht es richtig Spaß zu fahren, mit dem Auto Bodenwellen auszufahren, tief in Kurven zu gehen und einfach die Dynamik der Bewegung zu erleben, ohne dass es gefährlich wird.
Wenig später fuhren wir an Jerez de la Frontera vorbei, diese Stadt wollten wir in den nächsten Tagen extra besuchen. Bis Cadiz ist es von hier aus nur noch knapp 30 Kilometer. Auf dieser Strecke verändert sich die Landschaft nochmals erheblich. Nach den sanften Hügeln von Jerez fällt das Land ab, die Hügel verschwinden zusehends und plötzlich ist es topfeben und um einen herum ist leicht wässriges Marschland. Dann kommt Cadiz näher. Die Ladekräne des Hafens sind schon in weiter Entfernung im Dunst am Horizont sichtbar. Der Weg in die Stadt führt über eine surreale Stelzenbrücke welche von im Wasser stehenden Strommasten begleitet wird. Und dann stehen wir in der Stadt und fahren erst mal geradeaus weiter. Die Stadt ist erheblich größer als zuerst angenommen, nach mehreren Kilometern fahren wir auf die Spitze der Landzunge mit der Altstadt. Davor gibt es eine Unmenge an Hotels und Anlagen. Am Meer sind auch ausgedehnte Sandstrände vorhanden, kein Wunder ist Cadiz auch ein bekannter Badeort an der Costa de la Luz (=Küste des Lichts). Irgendwo in der Nähe des Hafenbeckens finden wir an der Paseo de Canalejas einen Parkplatz und beginnen von dort aus uns zu orientieren. Der mitgeführte Reiseführer von Polyglott führt uns zu einer nicht existenten Touristeninformation im Straßengewirr der Altstadt. Der Reiseführer vom ADAC nennt zwar eine Straße, aber das hilft uns ohne genauen Stadtplan gar nichts (der abgedruckte Stadtplan ist undetailliert und wenig hilfreich). Als wir uns durch die Teils recht engen Straßen bis zum Platz mit der vermeintlichen Touristeninformation vorgearbeitet haben und dort nichts finden können, fragen wir kurzerhand zwei Polizisten, die uns den Weg zum Plaza San Juan de Dios weisen. Dieser liegt keine 50m von dem Platz von dem wir gestartet waren. Dort angekommen werden wir gleich mit einem gescheiten Stadtplan und einer Hotelliste versorgt. Angesichts unseres Hungers laufen wir zum Auto zurück, holen unser Proviant und setzen uns damit in die Parkanlage in der Paseo de Canalejas. In der strahlenden Sonne ist es schön warm und so schmeckt das Essen gleich nochmals so gut. Danach verweilen wir noch etwas auf der Parkbank und ich schaue mir den Stadtplan genauer an. Praktischerweise sind die Hotels dort auch gleich eingezeichnet. So versuchen wir unser Glück beim Hostal Bahia, gleich neben dem Platz mit der Touristeninfo und bekommen auch prompt ein Zimmer. Dies ist zwar im obersten 3. Stock, dafür recht ruhig, sonnig und für den günstigen Preis recht komfortabel. Wir erfahren, dass sich unter der Paseo de Canalejas eine Tiefgarage befindet, in das ich auch mein Auto stellte (die Anzeige dort zeigt übrigens immer "besetzt" an...). Nach den Erfahrungen von Sevilla studiere ich gleich mal die Preisliste und bin zwar nicht erfreut, aber etwas beruhigt. Ein Platz an der Straße kostet genauso viel pro Tag wie in der Tiefgarage. Wir tragen das Gepäck ins nahe gelegene Hotel und machen uns danach auf Erkundungstour, es ist inzwischen später Nachmittag.
Da wir am nächsten Tag nach Jerez de la Frontera wollten, um dort die königliche Hofreitschule zu besuchen, machten wir uns auf zum Tourismusbüro. Wir hatten weder einen genauen Stadtplan von Jerez noch eine Ahnung wo sich die Reitschule dort befand. In der Touristeninfo hatte ich auch schon danach gefragt, wurde aber an das Büro verwiesen. Dort kam ich erst kaum zur Türe rein, obwohl ich wirklich nicht breit bin. Dann half uns eine nette Frau, unsere Fragen zu beantworten. Wir bekamen auch einen Stadtplan von Jerez, allerdings durften wir dafür bezahlen, was sonst nicht üblich ist. So informiert verließen wir das Büro wieder durch die enge Türe.
Unser erstes Ziel war die berühmte Cathedral Nueva (Neue Kathedrale). Dazu liefen wir durch die Fußgängerzone (Ein Großteil der Altstadt von Cadiz ist nicht mit dem Auto zu befahren) zum Kathedralenplatz. Auf dem Weg gibt es einige interessante Geschäfte mit feinen Backwaren von denen man kleine süße Frauen fernhalten sollte. Das Portal der Kathedrale baute sich vor uns auf, als wir den Platz betraten. Deutlich kann man erkennen, dass das Gebäude in zwei verschiedenen Abschnitten erbaut wurde. Der Wechsel des Baumaterials zu billigerem Kalkstein ist auf halber Höhe ringsum zu sehen. Wir liefen zur Uferpromenade, von hier aus kann man die goldstrahlende Kuppel der Kathedrale genauer sehen. Im Kontrast zum blauen Himmel scheint die Kuppel im Sonnenlicht so etwas wie eine kleine zweite Sonne zu sein. Wir liefen die Promenade Richtung Osten, dem letzten Zipfel von Cadiz, entlang. Nachdem wir uns etwas von der Kathedrale entfernt hatten, gesellen sich zu deren Anblick noch ein Straßenzug mit bunt getünchten Häusern dazu. Dies ergibt ein zusammen mit dem blauen Atlantik im Vordergrund ein schönes Bild. Von der Promenade aus beobachteten wir einige Fischer, die entweder von Booten aus oder den schweren Quadersteinen der Promenadenbefestigung ihre Angeln ins glitzernde Wasser werfen. Wenige Meter weiter sahen wir auf den Befestigungsquadern eine bunte Ansammlung von Katzen liegen, die in der warmen Sonne dösen. Andere gähnten herzhaft, dehnten und streckten sich. Dieses gemütliche Treiben hielt uns einige Zeit gefangen. Als Katze schien man es hier doch recht gut zu haben. Wir liefen weiter und standen irgendwann vor dem Pfad zur Halbinsel mit dem Castillo de San Sebastian. Rechts und links davon ist ein wenig Sandstrand und weiter draußen Felsbrandung. Das Kastell ist zwar verschlossen (enthält die Leuchtturm-Anlage), aber der Weg nach draußen lohnt sich wirklich. Nicht nur, dass wir von hier aus einen schönen Blick auf den Küstenverlauf von Cadiz hatten, sondern weil man hier wunderbar auf Entdeckungsreise gehen kann. Wir kletterten über die Felsen hinunter zum Wasser. Hier gab es eine Sandbucht mit seichtem Wasser. Im Sand fanden wir Unmengen an winzig kleinen Muscheln und Schneckenhäuschen. Auch seltsame runde Gebilde von der Größe einer kleineren Kartoffel fanden wir hier. Ich vermute, dass es Stücke von Korallen waren. Während Silvia nach Muscheln suchte, kletterte ich unter dem Brückenboden des Kastells durch auf die andere Seite. Hier gab es keinen Sand, nur Felsplatten die vom Wasser überspült wurden. Ich sprang von einer Erhebung zur anderen und beobachtete runde Löcher die in die Felsplatten erodiert waren und wie das Meer die seichten Stellen immer wieder überrollte. Als dann langsam die Sonne unterging begab ich mich wieder auf den Pfad vor das Kastell. Die Mauern und Türmchen der Festung verbreiteten eine melancholische, ruhige Stimmung in der Zeit kurz vor dem Einbruch der Dunkelheit. Irgendwie wurde dadurch die vergangene Zeit für einen kurzen Moment wieder präsent. Ich schaute zu wie die Sonne schnell im Meer verschwand, versuchte die Stimmung mit meiner Kamera festzuhalten und wandte mich dann Silvia zu, die ebenfalls wieder auf den Pfad gekommen war. Inzwischen war ein recht frischer Wind aufgekommen und wir machten uns auf den Weg zurück. Einige Minuten später standen wir vor obskuren Urbäumen, den Ficus Centenarios. Die gewaltige Spannweite und Stammdurchmesser der Bäume waren eindrucksvoll. Die Äste hatten den Durchmesser von normalen Baumstämmen. Im Dämmerlicht wurden die Bäume von unten angestrahlt, was von den darin sitzenden Vögeln mit einem Zwitscherkonzert gedankt wurde. Wir liefen durch die angrenzenden Gassen zurück Richtung Kathedrale. In der Umgebung und Straßen des Plaza de Tio de la Tiza trafen wir auf viele Tante Emma Läden und kleine ursprüngliche Geschäfte, die einen besonderen Reiz ausstrahlten. Von der Kathedrale aus machten wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, fanden aber nichts bzw. nichts bezahlbares. Dafür gab es in der Altstadt von Cadiz wohl mehr Banken als irgendwo sonst. Aber wie heißt es so schön ? Geld kann man nicht essen. Erst auf dem Plaza de Mina fanden wir ein Restaurant das nicht nur gemäßigte Preise, sondern auch gutes Essen hatte. Wir wählten aus einer Vielzahl von Kombi-Platten und beobachteten bis zum Essen das Treiben im Restaurant und auf der Straße. So wurden wir Zeuge wie ein Mann erst seine Frau über der Schulter durch den Raum trug, von ihr dann eine kräftige auf den Hintern bekam und er dann am Geldautomaten spielte und den Apparat auch noch leer machte. Abwechslungsreiches Programm könnte man da sagen. Jedenfalls aßen wir unsere Gerichte und liefen danach zum Hotel zurück. Ohne Stadtplan ist es im Dunkeln etwas schwierig sich zu orientieren. Inzwischen war es auch recht kühl geworden, so dass ich auf dem Zimmer erst mal die Klimaanlage auf "heizen" programmierte. Die Nacht war dann viel ruhiger als in Sevilla, so schliefen wir gut. Da wir am nächsten Morgen nach Jerez wollten stellte ich noch den Wecker. Dummerweise fiel mir die Batterie heraus und da es ein Funkwecker war bangte ich eine halbe Stunde bis der Wecker die Zeit mit dem Sender in Frankfurt synchronisiert hatte. Da wir uns schon außerhalb des eigentlichen Empfangsradius befanden war das echt ein Wunder. Ja ich weiß, als Reisewecker nimmt man normalerweise keinen solchen Technik-Schnickschnack mit.

Am Morgen versuchten wir zeitig aufzustehen, denn der geplante Besuch der Königlichen Andalusischen Hofreitschule (Real Escuela Andaluza Del Arte Ecuestre) konnte nur in einem engen Zeitrahmen erfolgen. Jeden Dienstag und Donnerstag findet um 12 Uhr die Reitvorführung mit den tanzenden Andalusischen Pferden statt. Am Montag, Mittwoch und Freitag kann man von 10-13 Uhr die Stallungen besichtigen und dem Training zuschauen. Gerne hätten wir auch die Vorführung gesehen, aber da heute Freitag war mußten wir uns mit der Besichtigung zufrieden geben. Für die Reitvorführung empfiehlt es sich in einer Touristeninformation oder direkt bei der Hofreitschule Eintrittskarten zu reservieren.
Nach dem Frühstück in einer kleinen Bäckerei machten wir uns nach Jerez de la Frontera auf. Laut dem am Vortag erworbenen Stadtplan befand sich die Reitschule recht nahe im Zentrum. Um nicht in irgendwelchen unbekannten Straßen umherzuirren, fuhr ich auf der N-IV nach Jerez, fuhr dort aber nicht Richtung Zentrum, sondern auf dem City-Ring "links" an der Stadt Richtung Sevilla vorbei. Es geht dann den Berg etwas hoch und irgendwann kommt dann die Ausfahrt zum Hospital. Wenn man hier abbiegt und Richtung Zentrum fährt ist man nur noch wenige hundert Meter von dem Gelände entfernt. Bevor wir uns der Reitschule näherten, mußte ich kurzfristig für Silvia eine Toilette auftreiben, die sich in einer kleinen Tankstelle fand. Die Putzfrau dort, welche gerade mit dem Putzen fertig geworden war, wollte nicht mal das Geld nehmen das ich ihr anbot.
Einen Parkplatz fanden wir nicht so schnell. Um das Gelände der Königlichen Andalusischen Hofreitschule selbst war alles dicht belegt. So stellten wir das Auto an die Straßenseite eines der angrenzenden Wohngebiete, was keine Probleme bereitete. Auf dem Weg zurück zur Hofreitschule kamen wir an einer großen Sherry-Fabrik, dem Bodega (=Weinkeller) Sandeman, vorbei. Wir waren nicht nur im Zentrum der andalusischen Pferdezucht sondern auch in der Hauptstadt des Sherrys gelandet. Vor den riesigen Anlagen von Sandeman konnten wir miterleben wie der Sherry von Tankwagen in die Flaschenabfüllung gepumpt wurde. Dabei lag der Geruch des Sherrys süß und schwer in der Luft und machte uns das Atmen zu einer verführerischen Verlockung.
Sherry, ein lang gereifter und verschnittener Wein, hat seinen Namen übrigens von den Engländern bekommen. Diese konnten mit ihren (wohl trinkseligen) Zungen den Namen der Region "Jerez" (Ausgesprochen: Chereß, das ß wird gelispelt) nur schwer aussprechen und kamen so auf Sherry, was auch im angetrunkenen Zustand deutlich einfacher auszusprechen ist.
Wir bogen nach so viel Luftalkoholgenuß um die Ecke und standen wenig später vor den Toren der berühmten Königlichen Andalusischen Hofreitschule.
Nach dem Kauf der Eintrittskarten an der Pforte betraten wir das Gelände und sahen alles, nur keine Pferde. Auch als wir den gelb-weiß gestrichenen Bau auf der linken Seite betraten, kamen wir uns mehr wie in einem Museum vor als in einer Reithalle. Kaum stiegen wir jedoch die Stufen zur Tribüne hoch, wußten wir, dass wir hier richtig waren. Unter uns in der langgezogenen Arena galoppierten einige Pferde in einem scheinbar wilden Durcheinander. Mit einer Art Zungenschnalzen verständigten sich die Reiter mit ihrem Pferd. Bei der Menge an Reitern hörte sich die ganze Sache ziemlich ungewöhnlich und lustig an. Es wurden verschiedene Kunststücke geprobt, wie seitlich galoppieren, auf zwei Beinen laufen oder zum Takt der Musik die Hufe auf den Boden setzen. Alles in allem recht interessant, auch für jemanden der sich sonst nicht viel aus Pferden macht. Wir erfuhren, dass bald eine Führung durch die Stallungen stattfinden sollte und das sogar in deutsch. Spektakulär war es nicht, fotografieren durfte man trotzdem nicht - wie auch in der Arena. Wer es dort trotzdem versuchte bekam von einer der zahlreichen Aufpasserinnen sofort einen Anpfiff.
Bei der Führung besuchten wir die Sternförmig angeordneten Ställe und bekamen ein wenig zu den Andalusischen Pferden erzählt. Einige der Pferde waren in ihren Boxen und beäugten uns desinteressiert. Wir besuchten danach die klimatisierte Sattelkammer, in der für jedes Pferd ein eigener Sattel, Zaumzeug und Schmuck aufbewahrt wurde. Dann durften wir noch einen kurzen Blick auf die Reitfläche der Arena werfen, durch das Tor durch das die noblen Pferde ritten und damit war die Führung dann zu ende. Wir liefen wieder auf die Besucherränge der Arena und schauten dem Treiben noch eine Weile zu. Ich schaute durch das Teleobjektiv meiner Kamera und sofort rannte eine Dame zu mir und meinte, dass das Fotografieren hier verboten sei. Eigentlich wollte ich gar nicht fotografieren da es sowieso etwas zu dunkel war. Damit der Anpfiff nicht umsonst war machte ich doch noch ein Foto, nachdem mir die übereifrige Aufpasserin wieder den Rücken zugedreht hatte.
Wir gingen später nach draußen und schauten uns dort noch die Strecke für die Kutschenfahrten an. Hier fielen mir zwei große Storchennester auf, die auf den Kaminen von Sandeman saßen. Darin befanden sich Störche und bewachten ihren Nachwuchs. Wurden die Vögel auch vom Sherry-Dunst angelockt ?
Nachdem wir die Reitschule verlassen hatten machten wir uns auf den Weg ins Zentrum von Jerez. Die Stadt ist zwar nicht sonderlich groß, aber übersichtlich auch nicht gerade. Am Plaza del Arenal setzten wir uns auf eine Parkbank und machten ein wenig Rast. Wir entgingen danach einigen Anwerbern für naheliegende Restaurants und liefen weiter zur Alameda Vieja. Hier befand sich gleich die Arabische Moschee und Zitadelle (Alcazar-Mezquita arabe/Alcazar de Jerez), eine kleine Festung in der im 12. Jahrhundert der Kalif von Sevilla residierte. Wenige Meter weiter ist - gleich neben dem Weinkeller von Gonzalez Byass - die Kathedrale von Jerez mit ihrer großen gekachelten Kuppel.
Wir entschlossen uns die Alcazar-Mezquita arabe zu besuchen. Der Eintritt ist recht günstig und man kann gleich eine weitere Attraktion mit buchen: La Camara Oscura (Camera Obscura). Dieses Kuriosum ist es auf jeden Fall wert besucht zu werden. Es handelt sich dabei um eine Art überdimensionale Lochkamera. Die ersten fotografischen Anlagen bestanden aus einem dunklen Raum und einem kleinen Loch, später noch mit einer einfachen Linse davor. Die Camera Obscura benützt das gleiche Verfahren, nur ein wenig ausgefeilter. Die Dunkelkammer befindet sich auf dem Dach des Gebäudes. Über ein drehbares Periskop fällt Licht von Außen auf eine gebogene Projektionsfläche im Innern der Kammer. Über die Höhe der runden Fläche kann fokussiert werden - auf der Projektionsfläche erhält man somit scharfe Bilder aus der Umgebung. Da die Dunkelkammer eine der höchsten Stellen der Stadt ist, kann man so wunderbare "lebende" Bilder von Jerez betrachten. Wir hatten mal wieder Glück und schönes sonniges Wetter (da die Anlage nur mit Umgebungslicht arbeitet kann nicht genug Licht vorhanden sein) und auch noch eine sehr nette Führerin, die uns und ein paar anderen Reisenden das Verfahren erklärte und mit uns dann einen Stadtrundgang aus der Vogelperspektive machte. Wir versammelten uns in der Dunkelkammer um den Projektionstisch und staunten nicht schlecht, als über den Periskopspiegel die ersten Außenbilder auf dem Projektionstisch auftauchten. Alles sehr detailliert und doch irgendwie unwirklich. Dies mag an der hohen Brennweite und damit verbundenen geringen Tiefenschärfe gelegen haben. Für optisch Unversierte sage ich einfach, dass es wie in einer Modellbaulandschaft aussah. Und doch war alles wirklich. Hier flogen die Tauben um den Kathedralenturm, dort hing jemand Wäsche auf dem Dach auf. Wir bekamen einiges über Jerez erzählt, nicht nur trockene Fakten, sondern auch die eine und andere lustige Geschichte mit einem Augenzwinkern. Nach diesem Stadtrundgang der etwas anderen Art schauten wir uns noch den Rest des Alcazar de Jerez an. Auf die Mauern der Burg konnten wir leider nicht, da ein Teil der Anlage renoviert wurde. Neben einem kleinen Innenhof mit Palmen, Blumen und Brunnen gibt es die Moschee und die Arabischen Bäder. Die Moschee ist sehr spartanisch eingerichtet, nichts erinnert an den Pomp der Mezquita von Córdoba. Der Gebetsraum wird von einer großen ziegelsteinernen Kuppel überspannt und nur die hufeisenartigen Türbögen deuten ganz sanft den orientalischen Ursprung an. In den Arabischen Bädern herrscht ähnlicher Spartanismus. Das Gebäude wurde ebenfalls aus Ziegeln gemauert. Im dämmerigen Innern kommt aber schon durch die sternförmigen Lichtlöcher an der Decke viel mehr orientalisches Flair auf. Wie mag es hier zu früheren Zeiten gewesen sein, als die sterngezackten Lichtstrahlen den heißen wohlduftenden Dampf durchbohrten ? Mit diesen Eindrücken verließen wir den Alcazar und liefen am Säuferdenkmal von Gonzalez Byass vorbei zur Kathedrale, dann weiter zur kleinen Stadthalle (Cabildo Municipal) und letztendlich wieder in die Fußgängerzone. Da es gerade Nachmittag war, hatten die meisten Geschäfte geschlossen. Hier ging es deutlich ländlicher zu als in den Großstädten Sevilla oder Barcelona. Gerne hätten wir noch etwas von der Sherry probiert, aber weit und breit war kein Laden zu finden. Auf die Idee einen Weinkeller (Bodega) einer berühmten Marke zu besuchen kamen wir erst, als wir schon wieder aus der Stadt herausfuhren. Am Rand der N-IV gibt es offenbar auch noch einige Fabrikverkäufe, nur benötigt man dazu etwas Reaktionsvermögen, um rechtzeitig abzubiegen. So verließen wir also Jerez de la Frontera, die Sherry Stadt, ohne einen Tropfen Sherry. Diesen besorgten wir uns etwas später in Cadiz, wo wir in einem Supermarkt auf ein unüberschaubares Angebot an Weinen, Brandys und Sherrys stießen.
Später schrieb ich im Hotel noch einige Postkarten und Abends ging ich alleine Essen, da es Silvia nicht so gut ging. Ich umrundete zu Fuß die Altstadt von Cadiz, stieß auf noch mehr hundertjährige Bäume und setzte mich für eine Weile an die Brandung, um dem Meer unter dem Sternenhimmel etwas zuzuhören. Danach machte ich mich langsam auf den Weg zurück ins Hotel.



Stuttgart - Montpellier - Barcelona
Barcelona - Manzanares - Córdoba
Córdoba - Sevilla
Cadiz - Tarifa - Altea - Montpellier



[Homepage]   [Gästebuch]   [E-Mail]   [© by J.Perthold]