Spanien 2002: Barcelona - Córdoba - Sevilla - Cadiz - Jerez de la Frontera - Tarifa Sehenswürdigkeiten von Barcelona, Córdoba, Sevilla, Cadiz und Jerez. Kunst und Mandarinen von Antoni Gaudi. Taschendiebe und Autoschlepper. Verwinkelte Altstädte. Orientalische Kultur. Andalusische Pferde. Heilige Keramiken. Leckere Tapas. Süßer Sherry.


 
   Etappe 5: Córdoba - Sevilla  
   

Vergrößern: Sevilla

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Distanz: ca. 130km

Hotel: Hostal Central, Zaragoza 18, 41001 Sevilla, Tel.: 95-4217660

Restaurants: Restaurante Chino Ciudad de Peking, Zaragoza 6, 41001 Sevilla

Restaurante/Cafe Häagen-Dazs, Avda. Rexes Catolicos 23, 41001 Sevilla, Tel.: 95-456-1086

Touristeninformation: Paseo de las Delicias 9, Sevilla, Tel.: 954-234465

Tourismusbüro: Avenida de la Constitucion 21, Sevilla, Tel.: 954-221404

Stadtplan: Sevilla Teil A, B, C

 

Am Sonntag war nichts mehr von dem tiefblauen Himmel des letzten Tages zu sehen. Statt dessen hingen dunkle Wolken über der Stadt und es regnete monoton. So schnelle Wetterwechsel hatte ich bisher selten erlebt. Unser geplanter Besuch des Alcazar de los Reyes Cristianos fiel somit im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Wir packten unser Hab und Gut zusammen und liefen dann los Richtung Parkhaus, um das Auto zu holen und dann das Gepäck einzuladen. Zum Glück hatte ich meinen Regenschirm mitgenommen, so dass wir jetzt halb trocken vorwärts kamen. Auf dem Weg fanden wir eine geöffnete Cafeteria, in welcher wir frühstückten. Dann liefen wir weiter zum Parkhaus, lösten dort mein Auto aus und wollten so weit es ging zum Hotel fahren. Wie es der Zufall so wollte kam ich aus dem Parkhaus nur in eine Richtung heraus - Einbahnstraße... Aus meinem Plan des einfachen zurückfahrens wurde nichts. Statt dessen fand ich mich wenig später beim durchqueren der Fußgängerzone wieder und dann in den engen Gassen der Altstadt, die ich zuvor freiwillig nicht befahren wollte. Wir umkreisten einmal das Hotel, fanden von einer Einbahnstraße in die andere bis wir endlich an einer Stelle ankamen wo wir parken konnten. Zum Glück war Sonntag vormittag und entsprechend wenig los. Im Hotel checkten wir aus, verabschiedeten uns von der Besitzerin, packten das Gepäck ins Auto und wollten nun endlich nach Sevilla fahren, auch in der Hoffnung auf besseres Wetter. Leider blieb uns Córdoba noch eine Weile erhalten, den die Stadt hat das gleiche Problem wie andere große spanische Städte auch: nirgendwo ist richtig angeschrieben wo es denn nun wieder aus der Stadt heraus geht. So mußte ich mich anhand der Karte etwas orientieren, feststellen, dass wir in die völlig entgegengesetzte Richtung gefahren waren und dann waren wir endlich auf der Straße Richtung Sevilla.
Es regnete unterschiedlich stark und kurz vor Sevilla durchfuhren wir Platzregen aus schwarzen Wolken. Inmitten dieser Sintflut sahen wir durch den Regen den nächsten Berg in strahlendes Sonnenlicht getaucht. Wir fuhren in ein Tal und konnten unglaublich klar die Grenzlinie zwischen Regen und Sonne auf der geraden Straße vor uns sehen. Ich trat das Gaspedal stärker und wir flogen nach dem ganzen Regen regelrecht dem in kräftige Farben getauchten sonnigen Landschnitt entgegen. Und wirklich, kaum hatten wir die Grenze zwischen Trübheit und Sonne erreicht glänzte das regentriefende Auto im Sonnenlicht während im Rückspiegel noch die schwarzen Regenwolken den Himmel beherrschten. So einen abrupten Übergang des Wetters hatte ich bislang noch nie so wahrgenommen.
Wenige Kilometer später erreichten wir Sevilla, besser gesagt wir standen in irgendeinem Kreisverkehr und versuchten herauszufinden wo wir uns denn nun genau befanden. Sevilla ist recht weitläufig und der vorhandene Stadtplan umfaßte leider nur den Ausschnitt des Stadtzentrums. So tasteten wir uns weiter Richtung Zentrum vor und hatten das Vergnügen den Fluß Guadalquivir gleich zwei mal zu überqueren, nachdem die Verkehrsführung etwas unklar war. Praktischerweise lag an diesem Kreisverkehr auch gleich die Touristeninformation in einem romantischen Schlösschen. Ich stellte das Auto am Rande des Kreisverkehrs ab und wollte mich mit einer gescheiten Stadtkarte und einem Hotelverzeichnis versorgen. Tja, 6 Minuten umsonst an der Fußgängerampel gewartet, die Touristeninformation hatte am heutigen Sonntag geschlossen. So fuhren wir weiter am Fluß entlang bis wir in der Nähe des Busbahnhofes in ein Parkhaus fanden. Parkplätze schienen in Sevilla rar gesät zu sein, dieser Eindruck bestätigte sich in den nächsten Tagen noch.
Wir liefen hoch ins Stadtzentrum, um nach einer Unterkunft zu suchen. Zwar hatte ich meine Hotelliste aus Deutschland, jedoch hatte ich die Hotels nicht in der Karte eingetragen. Hätte ich das gemacht, wäre mir schon frühzeitig aufgefallen, dass die meisten Straßen gar nicht auf dem Plan waren. So standen wir dann bald am nächsten Informationspunkt der Stadt, der zwar geöffnet war, aber in Wirklichkeit gar kein Infopunkt für Touristenangelegenheiten mehr war. Wir wurden an die zentrale Touristeninformation nahe der Kathedrale von Sevilla verwiesen. Der Weg auf der Karte sah etwas lang aus, aber war dann doch kürzer. Auf dem Weg konnten wir uns schon mal einen Eindruck der Stadt und der Kathedrale verschaffen. Offenbar war es in Sevilla sehr beliebt Kuppeltürmchen auf Gebäuden zu haben. Selbst auf der weitläufigen Kathedrale befanden sie sich. Dann hatten wir die Stelle mit der angeblichen zentralen Touristeninformation erreicht. Unsere Blicke schweiften umher und blieben nach langem Suchen an einem geschlossenen Kiosk hängen. Tatsächlich hatten wir die Information gefunden. Am heruntergeklappten Laden hing noch ein genauerer Stadtplan mit eingezeichneten Hotels. Als ich gerade damit anfangen wollte die Positionen auf meinen Plan zu übertragen wurden wir von einem alten Mann angesprochen, der uns einen Stadtplan anbot - für einen Euro. Dankbar nahmen wir den Plan an und zahlten auch, der Mann konnte sicherlich das Geld brauchen. Neu ausgestattet machten wir uns auf den Weg zurück und fanden gleich unterhalb des Plaza Nueva ein einfaches aber recht günstiges Hotel, Hostal Central. Leider sprach das Personal nur Spanisch, so dass es für mich etwas zur Herausforderung wurde. Ungewöhnlich war auch, dass wir im Voraus zahlen durften, aber es gab keine Probleme, auch nicht als wir um einen Tag verlängerten.
Zur Tiefgarage war es nicht weit und angesichts der Einbahnstraßen und dem Verkehrsaufkommen entschieden wir das Gepäck ins Hotel zu tragen. Meine Arme waren danach ca. 5cm länger, aber mit dem Auto hätte ich mindestens 2 Stunden gebraucht. Danach brauchte Silvia etwas Erholung und ich machte mich auf einen kleinen Stadtrundgang. Inzwischen hatten die Regenwolken aus Córdoba wohl auch Sevilla erreicht. Es regnete zwar noch nicht, aber ein kühler Wind war aufgekommen und der Himmel war grau.
Mein erstes Ziel war der Plaza Virgen de los Reyes an der Kathedrale. Hier konnte ich das geschlossene Tor des Alcazar in der rot getünchten Mauer betrachten. Um die Ecke herum baute sich der hohe Glockenturm Giralda vor mir auf, gleich gegenüber zog der farbkräftig bemalte Erzbischöfliche Palast (Palacio Arzobispal) den Blick auf sich. Hier hängte ich mich an eine Gruppe Touristen die in das angrenzende ehemalige Judenviertel Barrio de Santa Cruz geführt wurden. Hier waren die Straßen genauso verwinkelt wie in Córdoba, mit dem Unterschied, dass hier die Hausfassaden statt weiß eher in gelb und rot gehalten waren. Von der Gruppe trennte ich mich bald wieder, da mir das eindeutig zu träge voranging. Mitten in den gepflasterten Gassen wurde ich dann von einem Gewitterschauer überrascht, den ich in einem Hauseingang abwartete. So schnell wie es angefangen hatte war es auch wieder vorüber und ich lief zur Kathedrale zurück. Hier hatte sich inzwischen eine Seitentüre geöffnet, in die man in einen abgegrenzten Bereich der Kathedrale eintreten konnte. Das war natürlich kein Ersatz für eine richtige Besichtigung, welche ich für die nächsten Tage geplant hatte, aber ich konnte mir schon mal einen Eindruck von den gewaltigen Dimensionen im Innern der Kathedrale machen. Mein Weg führte mich danach zum Flußufer. Hier nahm ich den Torre de Oro (Goldener Turm) in Augenschein. Dieser Turm diente früher (1220) zur Verteidigung des Hafens. Angeblich war er mit vergoldeten Fliesen verkleidet, die heute - wen mag es wundern - alle verschwunden sind. Wohl nur noch bei Nacht strahlt der Turm in seinem früheren Glanz, denn dann wird er mit gelbem Licht angestrahlt so dass man ihn entlang des Flusses von weitem erkennt. Heute befindet sich in dem Turm das Schiffahrtsmuseum mit einer Menge interessantem Gerümpel. Ich überquerte den Gualdaquivir, der in Córdoba noch ein seichtes Gewässer war und nun breit und tief dahinströmte. Die Brücke Puente San Telmo ist recht unspektakulär, verfügt aber über einige Ausbuchtungen mit Bänken, von denen man die Aussicht auf die Flußpromenade Sevilla genießen kann.
So historisch sich die eine Uferseite Sevillas gibt, so nüchtern scheint die gegenüberliegende Seite. Wohnhäuser, grell beleuchtete Restaurants und Bars erwarteten mich hier. Beim genaueren hinsehen gibt es aber auch hier interessante Häuserfronten und Sehenswürdigkeiten. Insbesondere kann man im Bereich der Brücke Puente de Isabel I nicht nur wunderbar die gegenüberliegende Skyline Sevillas betrachten, sondern man kann auch hinunter zum Fluß steigen und dort unter der Brücke nahe am Wasser andere Blicke auf Sevilla erhaschen. Diese Lokalität notierte ich mir vorsorglich für ein Nachtfotoshooting. Auch die kleine Karmeliterkapelle (Capilla del Carmen) direkt am Anfang der Brücke mit seiner kleinen gekachelten Kuppel ist sehenswert.
Ich lief über die Brücke zum anderen Ufer und kam dort in der Nähe des Busbahnhofes heraus. Hier ging ich weiter zum meinem Auto in die Tiefgarage und holte mir meine Sportschuhe. Denn bedingt durch die regennassen Straßen waren meine Schuhe vollkommen durchgeweicht. Mit Schrecken machte ich mir kurz Gedanken über die Anschaffung neuer Schuhe. Konnte es etwas schlimmeres geben als Schuhe zu kaufen ? Ich denke vielen Männern wird es bei diesem Gedanken genauso mulmig wie mir. So machte ich mich etwas nachdenklich und mit trockenem Schuhwerk auf den Weg zurück ins Hotel und berichtete dort Silvia von meinem Rundgang (aber natürlich nichts von meinen Schuhen - Mann ist ja nicht verrückt und begibt sich in Gefahr den Rest der Reise zusammen mit einer Frau in Schuhläden zu verbringen...). Wir machten uns zusammen auf zum Abendessen und schauten noch bei der nun nächtlich beleuchteten Kathedrale vorbei. Bei der Restaurantwahl gab es eine kleine Meinungsverschiedenheit, als ich nicht in ein nobles Restaurant gehen wollte, bei dem nicht mal mehr Preise auf der Menükarte standen. Nennt mich ruhig geizig, aber gewisse Dinge sehe ich nicht ein.

Am nächsten Morgen schien die Sonne und machte das Aufstehen leicht. Da wir ein Zimmer zur Straße hatten war natürlich auch eine gewisse Geräuschkulisse vorhanden, die aber noch nicht an den Trubel in Barcelona herankam.
Unser erster Weg an diesem Tag führte uns zu einem Cafe beim Plaza de Armas, in dem wir frühstückten. Auf dem Weg dorthin trafen wir einen Brötchenlieferanten mit seinem Kastenwägelchen. Wir nahmen die Gelegenheit war und deckten uns für den Tag mit Proviant ein. Der Mann freute sich noch nebenbei ein Geschäft gemacht zu haben und grüßte uns freundlich nach.
Nach dem Frühstück liefen wir durch das Geschäftsviertel Richtung Zentrum. Hier fiel uns die Kirche Iglesia de la Magdalena auf, deren Glocken- und Kuppelturm mit ungewöhnlich farbenfrohen Keramiken in der Sonne glänzten. In den nächsten Tagen sollten wir auch einen Blick ins sehenswerte Innere riskieren können. Unser Weg führte weiter durch kleine Straßen mit Unmengen von aneinander gereihten Geschäften und Läden zu einem Supermarkt, in dem wir uns vor allem mit Getränke und Salami eindeckten. Wir schauten uns ein wenig um, und machten uns über Kuriositäten wie Original eingelegte bayrische Weißwürste lustig, die es bis hier nach Sevilla ins Supermarktregal geschafft hatten.
Nachdem wir unsere Einkäufe ins Hotel gebracht hatten machten wir uns zum Besuch der Kathedrale auf, welche von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Ich konnte nirgendwo die üblichen Stativ-Verbotsschilder ausmachen, so fragte ich nach ob Stative in der Kathedrale erlaubt seien. Die Türsteherin wußte es nicht so recht und so rannte ich schnell zum Hotel zurück und holte mein Stativ. Am Eingang war dann zu lesen, dass der Glockenturm "Giralda" heute wegen Arbeiten an den Glocken geschlossen hatte. Als wir Eintrittskarten kauften wurden wir darüber aufgeklärt, dass wir mit dem Ticket am nächsten Tag noch mal reinkommen würden, um dann auch auf den Turm zu steigen. Der Eintritt ist für Studenten stark ermäßigt, es macht also Sinn seinen Studentenausweis (muß nicht unbedingt ein Internationaler sein) mitzunehmen. Die Kathedrale kann übrigens am Sonntag von 14-18 Uhr kostenlos besichtigt werden.
Nun konnten wir endlich den heiligen Bau betreten und durften gleich Zeugen werden wie Touristen den Lichtschrankenalarm auslösten weil sie zu nahe an die in der Vorhalle aufgehängten Bilder traten, obwohl alles markiert und angeschrieben war. Als wir die Säulenhalle der Kathedrale betraten staunten wir nicht schlecht über die gewaltigen Dimensionen. Kein Wunder dass die Kathedrale von Sevilla im Guiness Buch der Rekorde als weltgrößte Kathedrale steht (Grundfläche ca. 2.3 Quadratkilometer). Riesige Säulen, die etwa einen Durchmesser von der Länge eines Autos haben, streben in die Höhe, um weit oben die Kuppeln zu stützen. Im ersten Moment kommt man sich angesichts dieser Dimensionen irgendwie geschrumpft vor. Auch wenn man einige Meter später vor der Grabstätte Christoph Kolumbus (Cristobal Colon) steht, dessen (vermutliche) Überreste in einem Sarg von 4 überdimensionalen Männern getragen wird, beschleicht einen das Gefühl hier kleiner als sonst zu sein. So liefen wir weiter, um wenig später in eine helle Sakristei einzutreten. Hier waren diverse Bilder und Kirchenschätze ausgestellt. Darunter auch, wie in Spanien üblich, einige grausige Reliquien ehemaliger Bischöfe und Kirchenfunktionäre. Blickt man in den Sakristeien oder Sälen nach oben, dann weiß man wieso von außen verschiedene Kuppeltürmchen zu sehen sind. Die wunderbar verzierten Kuppeldecken münden in ihrem Zentrum in einem lichtdurchstrahlten Türmchen. Sehr eindrucksvoll ist der ovale Kapitelsaal, dessen Wände mit rotem Samt beschlagen ist, die in eine helle, ebenfalls ovale Kuppel übergeht. Selbst der Boden täuscht leicht eine dritte Dimension vor, welche durch ein besonderes Kachelmuster hervorgerufen wird. Im nächsten Raum, der Schatzkammer, trafen wir auf äußerst opulenten und filigranen Kirchenschmuck in Form von Hostienbehältern, Weihrauchgefäßen, etc. Danach schauten wir uns die im Zentrum der Kirche liegende Hauptkapelle und den Chor an. Dort lauschte eine Reisegruppe den Ausführungen der Reiseführerin. So erfuhren wir noch ein paar Hintergrunddetails, die aber nicht wichtig sind (damals wurde der Bauschutt in die Säulen gefüllt, was jetzt zu Problemen führt, der Chor hat zwei Eingänge, einen für kirchliche Personen und einen für weltliche, ...). Ich schaute lieber einer Gruppe Männer zu, die mühsam einen riesigen silbernen Altar auf Hochglanz polierten. Das waren wohl schon Vorbereitungen für die Osterumzüge. Wir schauten uns noch einige Kapellen an und liefen dann in den Innenhof mit den Orangenbäumen. Hier setzten wir uns auf eine Bank und machten Pause. Unsere Mägen schleiften auch schon auf dem Boden. Bei Brot und Salami beobachteten wir die Wolkenfetzen die über den Himmel gejagt wurden und wie sich auf dem Turm der Kathedrale die Windfahnenträgerin in Richtung des Windes drehte. Von ihr hat der Turm auch seinen Namen bekommen, Giralda = die Frau die sich mit dem Winde dreht. Der Orangenhof und das untere drittel des Turmes sind übrigens die Überreste der ehemaligen Moschee, welche irgendwann zur Kathedrale "geweiht" (=Konvertiert und Umgebaut) wurde.
Nachdem wir einen Pulk Japaner und einen überraschenden Regenguß abgewartet hatten, liefen wir weiter Richtung dem Spanischen Platz (Plaza España). Davor durften wir an der Universität (ehemalige Tabakfabrik) vorbei und durch den Park von Maria Luisa laufen. Hier kann man sich auf botanische Entdeckungsreise machen, denn viele verschiedene Pflanzen und Bäume sind in dem Park vertreten. Wir schlenderten langsam auf dem Hauptweg und durch lichte Stellen der Baumkronen zeigten sich schon die roten Türme des Spanischen Platzes. Dieser halbkreisförmige Platz entpuppte sich als Klein-Venedig. Ein Wasserkanal folgt der Kontur des Platzes und wird von einigen Bogenbrücken überspannt, über die man zu dem ebenfalls im Halbkreis verlaufenden Gebäudekomplex gelangt. Im Sommer kann man mit gemieteten Ruderbooten durch den Wasserkanal fahren. Bei unserem Besuch hatten nur die Enten dieses Vergnügen. Die Brücken und Geländer der ganzen Anlage sind aus schön verziertem Porzellan und wirken zusammen mit dem rötlichen Stein der Gebäudemauern sehr lebendig. Entlang des Gebäudekomplexes befinden sich für jedes spanische Bundesland keramikverzierte Nischen, mit einem typischen Gemälde, der geographischen Lage und einer mosaikverzierten Sitzgelegenheit. Anhand der fast zahllosen Nischen kann man sich einen Eindruck von der Größe dieses Landes machen. Bei dieser überwältigenden Detailfülle weiß man gar nicht so recht wohin man als erstes schauen soll, so ging es zumindest mir. Wir setzten uns an eine Nische und schauten dem Treiben etwas zu, langsam begann die Sonne unterzugehen und lies die ohnehin schon rötlichen Gebäude in einem kräftigen rot aufleuchten. In einiger Entfernung fing plötzlich ein schräges Gitarrensolo an und wurde von einem schmachtenden "Sevilla, Sevilla, Seviiiiillaaaaa" begleitet. Wir drehten uns zu der Ursache der etwas mißgestimmten Laute und sahen, wie sich der Künstler an ein Paar gehängt hatte, das nun von seiner inbrünstigen Musik und ihm selbst verfolgt wurde. Lange hielten die Armen die dargebotene Kunst nicht aus und bezahlten ein paar Münzen für ihre Erlösung. Ich konnte mir das Lachen nur schwer verkneifen und bewunderte die Genialität der Angelegenheit insgeheim. Da es langsam wieder kühl wurde und wir nicht auch noch Opfer des Interpreten werden wollten, liefen wir weiter. Entlang am Fluß trafen wir dann wieder auf den Torre de Oro. Da inzwischen die Sonne untergegangen war, war es nur noch eine Frage der Zeit bis der Turm angestrahlt wurde. So liefen wir auf die Brücke Puente de San Telmo und dort hin zu einer Aussichtsgelegenheit. Glücklicherweise hatte ich mein Stativ schon mit dabei und baute meine Kamera auf. Wie erwartet, begann der ehemalige Goldturm bald in seiner ehemaligen Farbe zu erstrahlen. Gerade als ich fotografieren wollte gesellte sich ein ca. 2 Meter großer Schwarzer zu uns, offenbar obdachlos, gab uns die Hand und begann mit mir eine Unterhaltung mit einem Mix aus Spanisch und Englisch. Woher wir denn wären, er sei auch schon in Deutschland gewesen, Canon sei eine gute Kameramarke, ob das eine digitale Kamera sei, ... Ich denke nichts böses über fremde Menschen und auch nach dieser Begegnung hatte ich noch alles dabei. Zudem hatte ich erfahren, dass dieses Wetter für die Jahreszeit nicht normal sei und es in den nächsten Tagen besser werden solle. Er verabschiedete sich von uns und verschwand in der Menge von Passanten. Ich machte meine Aufnahmen und ging dann mit Silvia weiter ans andere Ufer, an dem ich am Vortag schon war. Hier suchte ich den Platz unter der Brücke und machte von hier aus auch ein paar wunderbare Aufnahmen. Silvia mahnte mich mehrmals an nicht ins Wasser zu fallen. Was würde ich ohne Frau bloß machen ? Jedenfalls schaffte ich es trockenen Fußes und danach überquerten wir wieder den Fluß und stießen auf dem Weg Richtung Hotel auf ein China Restaurant (Ciudad de Peking). Ohne lange zu überlegen traten wir ein und waren sehr überrascht von der Freundlichkeit, der Qualität und am Ende vom Preis. Hier kann man für recht wenig Geld sehr gut und reichhaltig essen. Gut gefüllt wankten wir die letzten Meter zum Hotel zurück und waren froh die Beine hochlegen zu können.

Der nächste Morgen versprach wieder einen sonnigen Tag. Wir machten uns gleich Richtung Kathedrale auf, um den Turm Giralda endlich zu besteigen. Auf dem Weg frühstückten wir im Cafe de Indias, in der eine recht interessante Atmosphäre herrscht, wenn sich an den Nebentischen älterer Damen zum Kaffeekränzchen oder frühstückende Studenten niederlassen.
Einige Zeit später standen wir zum Fuße des Giralda-Turmes. Das erste auffällige ist, dass es gar keine Treppen gibt die hinauf führen. Statt dessen führt der Weg mit einer leichten Steigung nach oben. Von immer wieder auftauchenden Balkonen und Fenstern wird die Aussicht auf dem Weg in die Höhe nicht nur jedes mal besser, sondern man kann auch unterschiedliche Details der Kathedrale genauer ansehen. Die letzten Meter zur Aussichtsplattform unter den Glocken mußten wir dann doch noch über schmale Treppen zurücklegen. Während unseres Aufstiegs hatte uns bereits eine Gruppe Japaner überholt, die uns zum Glück vor der Treppe wieder entgegen kam. So standen wir gleich darauf am höchsten Punkt von Sevilla (der Turm ist bis zur Giralda-Frau 96m hoch) und konnten uns an einer wunderbaren Aussicht erfreuen. So weit das Auge reichte waren wir von dem Straßengewirr und den meist weißen Häusern von Sevilla umgeben. Hier und da spitzte eine der zahlreichen Kirchen mit Kuppeltürmchen heraus und ganz im Hintergrund konnte man die abstrusen Gebilde der Expo-Brücken am Fluß sehen. Im Dunst des Vormittags konnte ich in südlicher Richtung die Schemen des Spanischen Platzes ausmachen. Aus einer Ansammlung von Palmen und Bäumen traten die Silhouetten der Türme hervor. Hier konnte ich es länger aushalten, zu viele Details gab es beim näheren Hinschauen. Als plötzlich die Glocken schlugen kreischten einige Besucher auf und holten mich aus dem faszinierten Beobachten heraus. Wir umrundeten die Aussichtsplattform mehrmals, machten einige Aufnahmen und liefen dann wieder langsam nach unten. In der Kathedrale trafen wir auf eine englisch sprechende Reiseführerin, die recht lustig über peinliche Details aus dem Leben von Christoph Kolumbus erzählte. So erfuhren wir auch was es mit dem Grab seines (unehelichen) Sohnes Hernando auf sich hatte. Im Orangenhof machten wir wieder kurze Rast und liefen dann zum nahegelegenen Reales Alcazares. Dies ist die Palastburg ehemaliger Almohaden und später der christlichen Könige. Das obere Stockwerk wird noch heute von der spanischen königlichen Familie genutzt wenn sich diese in Sevilla aufhält. Am Bau der Anlage waren maurische Handwerker aus Granada beteiligt, so sind gewisse Parallelen zur dortigen Alhambra durchaus gewollt.
Nachdem wir Eintrittskarten gekauft hatten (für Studenten kostenlos) standen wir bald darauf im Löwenhof und folgten von dort aus dem Rundgang. Im neueren Teil des Palastes gibt es viele kleine romantische Patios. Am Interessantesten ist aber der Palacio Mudejar, welcher durchgehend in orientalischen Stil gehalten ist. Hier gibt es wunderbare Wandmosaiken, verschnörkelte Bögen, Stuckdecken, stille Innenhöfe. Man fühlt sich fast wie in einem Märchen aus 1000 und einer Nacht. Am krassesten ist der Sala de Embajadores (Saal der Botschafter). Im Dämmerlicht des quadratischen Saales schwebt die prachtvolle Sternenkuppel über mit Ornamenten überladenen Wänden. Fast möchte man mit den Fingern über die fremdartigen Strukturen gleiten. Knapp unter der Kuppel befinden sich kleine Balkone, die von goldenen Drachenfiguren getragen werden. Wenn ich es nicht genau wüßte, dann hätte ich es nicht für möglich gehalten mich beim Anblick dieser Details in Spanien zu befinden. Die Pracht des Palacio Mudejar kam fast an die der Alhambra in Granada heran. Auch die Besucherzahl dürfte identisch sein. So war es Silvia nicht möglich den Innenhof des Palastes ohne Besucher zu fotografieren, auch wenn wir lange genug gewartet haben. Vielleicht sollte ich das nächste Mal für solche Fälle ein Großpackung Stinkbomben bereithalten :-) Fast genau so prächtig wie die Gartenanlagen der Alhambra sind die kleinen Gärtchen, die hinter dem Palast kommen. Etwas nüchterner wird es, wenn man den Palacio Gotico betritt. Hier wird mit verspieltem Schmuck gespart, statt dessen hängen riesige verblichene Wandteppiche an den Wänden. Über eine Wendeltreppe kommt man ins Kellergeschoß wo einen eine besondere Kuriosität erwartet: das Schwimmbad der Königin. Da hat es sich die Frau im kühlen Dämmerlicht also gutgehen lassen. Hinter dem Palacio Gotico geht es in die weit gedehnte Gartenanlage. Gleich am Anfang befindet sich ein größeres Wasserbecken, in dem eine Unmenge an riesiger Goldfische und Karpfen herum schwimmen und auf jeden Bissen lauern. Fällt zufällig mal ein Krümel ins Wasser, dann geht es im Wasser zu wie bei einer Piranha-Fütterung. Nach diesem Schauspiel gingen wir erstmal in die angebaute Cafeteria und kauften uns einen Happen zu Essen. Als wir uns zu einer Pause in den Park setzten wurden wir gleich von neugierigen (und hungrigen) Enten beäugt und belagert. Nachdem diese auch gefüttert waren machten wir uns auf und spazierten durch die Gartenanlage. Hier gab es wunderbar schöne sonnige Ecken und romantische Winkel, kleine Springbrunnen und üppig beladene Orangenbäume. Tja, nichts aus Córdoba gelernt und wieder in die saure Frucht gebissen. Mit nach innen gestülpten Lippen ging ich zusammen mit der lachenden Silvia weiter und wandelte durch verträumte Gärtchen. Hier konnte man es aushalten. Wir machten uns auf den Rückweg, durchliefen den Palacio Gotico, wurden von den intensiven Farben des dahinter liegenden Hofes geblendet und verließen dann den wirklich sehenswerten Alcazar von Sevilla.
Wir durchliefen noch etwas das benachbarte Santa Cruz Viertel mit seinen verwinkelten Straßen und kauften ein paar Postkarten ein. Auf dem Weg zur Kathedrale stießen wir auf eine Bar mit einem großen Angebot an Tapas. Wir entschlossen uns hier zu Abend zu essen und bestellten uns eine bunte Auswahl dieser Leckereien. Was soll ich sagen ? Es war herrlich schmackhaft und man kann sich so die kulinarischen Spezialitäten des Landes richtig schön auf der Zunge zergehen lassen. Im Anschluß daran liefen wir langsam zum Hotel zurück und beendeten diesen Tag.

Am Morgen des nächsten Tages verlängerten wir unseren Aufenthalt im Hotel angesichts des guten Wetters und der Tatsache, dass wir bisher nur einen winzigen Bruchteil der Stadt gesehen hatten um einen Tag. Dies ging leider nicht ohne weiteres, was nicht an meinen Spanischkenntnissen sondern an dem Kreditkartenleser lag.
Auf unserem Weg zum Frühstück am Plaza de Armas stießen wir wieder auf den Wagen des Brötchenverkäufers, nur von dem Mann selbst war weit und breit nichts zu sehen. Wir frühstückten und kamen wieder zu der Stelle zurück, wo nun leider auch der Wagen verschwunden war. So wanderten wir dann zur Kirche La Magdalena. Dort waren die Türen diesmal geöffnet und drinnen fanden gerade Vorbereitungen zu einem Gottesdienst statt. Wir schauten uns diskret um. Die Kirche ist Innen recht schön bemalt. Der Künstler hat an einigen Stellen auch versucht durch optische Tricks eine nicht vorhandene Räumlichkeit zu erstellen. Das ist ihm auch recht gut gelungen und man muß schon genauer hinschauen um festzustellen, dass ein Gang nur eine ebene Wand ist.
Wir machten uns danach in Richtung des Stadtviertels San Lorenzo auf, als wir an der nächsten Straßenecke wieder den Wagen des Brötchenverkäufers stehen sahen. Wieder war von dem Mann weit und breit nichts zu sehen. Wir warteten einige Zeit, da wir noch Proviant für den Tag brauchten und bisher auch noch keine Bäckerei gefunden hatte. Da der Mann aber nicht auftauchte liefen wir weiter und fanden im Straßengewirr der kleinen lebhaften Straßen von Sevilla einige Minuten später plötzlich doch eine Bäckerei.
In der Straße Cardenal Spinola standen wir dann urplötzlich vor dem unscheinbaren Kloster Santa Rosalia, in dessen Kapelle wir kurz hineinschauten. Nicht spektakulär, aber doch interessant. In der gleichen Straße stießen wir auf leibliche Genüsse, einer Konditorei mit zahlreichen Köstlichkeiten. Wir kauften uns eine Art Mega-Windbeutel und verspeisten ihn gleich auf der Straße. Zumindest versuchten wir es, was gar nicht so einfach war und schon kurze Zeit später lachten wir uns mit sahnigen Nasen und Mündern an.
Am Ende der Straße standen wir dann vor der dunkelrot getünchten Pfarrkirche San Lorenzo. An dessen rechter Seite befindet sich die Basilika Jesus del Gran Poder (Basilika Jesus der großen Macht), welche auf uns einen einladenderen Eindruck machte. So liefen wir durch das Eingangsportal und fanden uns unter einer großen hellen Kuppel wieder. Der kreisrunde Saal war mit Holzbänken angefüllt und zahlreiche Menschen saßen in stiller Andacht vor dem ungewöhnlichen Altar. Was genau dieses ungewöhnliche ausmachte, sahen wir wenig später, als wir im Rundgang hinter dem Altar umherliefen. Von hinten sieht man nämlich, dass eine plastische kreuztragende Jesusfigur im Zentrum des Altars steht, der somit eine erhebliche Tiefendimension besitzt. An den Wänden des Kreuzganges befinden sich große Tafeln mit zahllosen Briefen, Haarbüscheln, Bildern, Prothesen. Diese wurden von Menschen in der Kirche hinterlassen, die um Hilfe von Jesus mit der großen Macht ersuchten, damit ein kleines bißchen dieser Macht auch ihnen oder ihren Angehörigen half. Vielleicht sind auch Dankgeschenke unter diesem Sammelsurium, ich hoffe es zumindest. Der Anblick dieser Tafeln machte mich etwas nachdenklich. Auch in der in einem Nebenraum liegenden Kapelle fühlt man regelrecht mit welcher Hoffnung hier gebetet und gebittet wird.
Wir liefen weiter nach Norden durch Straßen, die eher zu einer ruhigeren Wohngegend gehörten und bogen später nach Osten zum Fluß ab. Unversehens standen wir vor der Puente de la Barqueta, einer modernen Hängebrücke mit sanft geschwungenem Bogen die anläßlich der Expo gebaut wurde. Wir liefen neugierig auf die Brücke, die mit starken Drahtseilen an dem Bogen hängt und spürten die leichten Schwingungen die von den darauf fahrenden Fahrzeugen angeregt wurden. Das leichte schaukeln könnte einen schon Seekrank machen, wenn man dafür anfällig ist. Wir überquerten die Brücke und erreichten am anderen Ufer den Vergnügungspark, der zu dieser Jahreszeit noch geschlossen war. Das Gelände sieht aber recht interessant aus und verspricht einige Abenteuer. Gleich daneben befinden sich siloartige Gebäude, die sich beim genaueren hinschauen als Hotels entpuppten. Während wir dem Fluß weiter Richtung Norden folgten, zogen dicke Wolken am Himmel auf, die dann aber wieder der Sonne Platz machten, als wir die Puente del Alamillo erreichten. Diese Brücke ist ebenfalls zur Expo gebaut worden und sieht fast wie eine Harfe aus. Drahtseile sind wie Saiten von der Brücke zu einem schräg stehenden Pfeiler gezogen und aus der Entfernung könnte man auf den Gedanken kommen, dass hier der Wind seine Lieder spielen könnte. Steht man aber unter dem Pfeiler vor der Brücke, dann werden einem erst langsam die Ausmaße dieses Bauwerkes bewußt. Hier ist nichts mit mal kurz die Saiten anzupfen. Armdicke Seile heben das Gewicht der Brücke, auf der sich der Verkehr auf 6 Spuren quält. In der Mitte kann man die Brücke zu Fuß überqueren und dabei dem Verkehr links und rechts zuschauen. Als ich inmitten der Brücke mit meiner Kamera auf eine günstige Gelegenheit warte, gibt mir ein LKW-Fahrer, der im Ampelstau auf der Brücke steht, Zeichen. Daraufhin folgt eine kurze Kommunikation zwischen uns ohne Worte: Scheiß Stau, tolles Bauwerk, einen schönen Tag noch, mach's gut. Schon geht es wieder ein Stück weiter und der LKW-Fahrer verschwindet in der Blechschlange. Ich mache mein Foto und gehe dann mit Silvia voll ans andere Ufer zurück, um dort an der Flußpromenade neben der Brücke eine Mittagspause zu machen. Wir essen, trinken und blinzeln in die strahlende Sonne. In der molligen Wärme kann man es gut aushalten. Nachher haben wir zwar etwas angebrannte Nasen, aber bereut wird nichts. Später laufen wir entlang des Flusses wieder zurück zur ersten Brücke. Von hier aus sind es nur wenige Meter Richtung Zentrum zur Almeda de Hercules (Hercules-Allee). Der Platz ist eine einzige Baustelle. Zudem scheint das Stadtviertel um den Platz herum wohl zum Rotlichtbezirk von Sevilla zu gehören. Aber einige Straßenzüge weiter sind wir wieder auf bekanntem Gebiet, dem Geschäftsviertel mit seinen unzähligen Läden. Hier überkommt Silvia der Konsumrausch und mir bleibt nichts anderes übrig als verschiedene Geschäfte mit ihr abzuklappern. Nach den 3-4 Kilometern Fußmarsch kann ich mich nur schweigend fügen, soll Frau doch auch ihren Spaß haben.
Zurück im Hotel ruhen wir uns aus, um später wieder auf die Piste zu gehen. Ich nehme gleich mein Stativ mit, weil ich noch gerne am Spanischen Platz ein paar Nachtaufnahmen machen würde. Davor schauen wir uns aber erst die Speisekarte eines Italienischen Restaurants an und entschließen uns spontan, einfach dort zu essen. Zwar hat das Restaurant schon auf, aber wie wir drinnen erfahren gibt es erst ab 21 Uhr etwas zu essen. So machen wir uns leicht hungrig auf und laufen entlang des Flusses Richtung Plaza España. Der ist dann natürlich doch weiter entfernt als zuvor abgeschätzt, vielleicht sind die Füße auch schon etwas schwerer vom vielen laufen. Jedenfalls ist es bereits fast dunkel als wir dort eintreffen. Im Dämmerlicht vernehmen wir die schmachtenden Laute des Sevilla-Musikanten und dessen Klampfe. Welche armen Personen dürfen sich wohl gerade über einen Kulturgenuß der etwas anderen Art freuen :-) ? Die Gebäude und der Brunnen werden angestrahlt und so leuchtet der Platz fast so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nachdem ich eine Aufnahme von uns beiden vor historischer Kulisse gemacht habe, laufen wir zusammen an den Gebäuden herum, um eine gute Position zu finden. Unter der überdachten Veranda des gebogenen Komplexes stolpert Silvia über etwas, das sich beim genaueren betrachten als eine lose Keramikkachel entpuppt. Nicht lange nachgedacht und das Stück mitgenommen. Eine echte verzierte Keramikkachel vom heiligsten Platz in Spanien ! Bevor wir damit flüchten, will ich noch das vielleicht beste Foto der ganzen Reise machen. Den roten Turm, welcher sich im Wasser des Kanals spiegelt mit einem verzierten Keramikpfeiler im Vordergrund. Ich brauche ewig lange um die Kamera auf dem Stativ auszurichten, die Belichtung messe ich an den verschiedensten Punkten, Blende und Fokus wird sorgsam justiert, ich stelle Silvia und mich so hin, dass kein Streiflicht auf die Kamera fällt. Als ich endlich auf den Auslöser drücke (ja ! alles perfekt !) tut sich gar nichts. Die Batterie der Kamera hat einen plötzlichen Schwächeanfall, der sich zwar schon seit Tagen angekündigt hat, aber bisher ignoriert wurde. Ich kann es nicht glauben und versuche es mehrere Male, doch vergebens. Mit glasigen Augen packe ich meine Ausrüstung zusammen und jammere meiner treuen Begleiterin die Ohren voll.
Der Fußweg zurück ist beinahe noch länger als der Herweg, aber endlich treffen wir am Häagen-Dazs Restaurant ein, das inzwischen geöffnet hat. Im hübschen Restaurantbereich warten wir eine Weile auf den Kellner, so einfach hinsetzen wollen wir uns nicht. Was uns dann geboten wird ist wie Mr. Bean live. Unser Kellner (schlank, vornehme Haltung, mit Anzug und Fliege), ich nenne ihn Senior Amparo keine Ahnung ob das sein richtiger Name ist jedenfalls steht der auf meiner Rechnung, kommt mit Elan aus der Küche gebraust, stoppt elegant, verneigt sich leicht und fuchtelt in der Luft herum, um uns irgendeinen Tisch anzubieten. Als wir in die Richtung loslaufen wetzt er hinterher, überholt uns, und fummelt vor unserem Eintreffen an Stühlen, Servietten und Besteck herum um uns dann mit einer gebeugt präsentierenden Geste unseren Tisch anzubieten. Die gleiche hektische Betriebsamkeit und der überbetont höflichen Art den Gästen gegenüber dürfen wir bei der Bestellung und allen weiteren Aktionen erleben. Ich kann mir das Grinsen die ganze Zeit über nicht verkneifen und murmle zu Silvia, dass der Typ der Hammer ist. Wir bestellen uns beide Pizza zu einem recht günstigen Preis und ich überbrücke die Zeit bis zum Hauptgang mit Gebäckstangen die als Appetizer auf dem Tisch liegen. Senior Amparo bereitet uns schon mal auf das Eintreffen der Pizzen vor, indem er große spezielle Pizzateller auf unseren Tisch stellt. Wenig später stürmt er zusammen mit unserem Essen lächelnd auf uns zu und serviert die Pizzen auf die speziellen Teller. Macht es die Größe des Tellers oder ist die Pizza tatsächlich so klein ? Egal, Hauptsache sie schmeckt. Und das tut sie wirklich. Als wir fertig sind will sich Silvia noch über ihre Gebäckstangen hermachen, doch der umfassende Griff von Senior Amparo packt Serviette, Teller, Besteck und Gebäckstangen auf einmal und wahrt somit das Protokoll. Ich kann immer noch nicht meinen Blick von ihm ablassen und bei der Bezahlung dankt er für das Trinkgeld mit einer übertrieben und doch förmlich steif wirkenden Verbeugung. Wer Mr. Bean mag und auf den Humor von Gestik steht, der darf sich Senior Amparo im Häagen-Dazs nicht entgehen lassen.
Nach dieser Schau liefen wir noch die paar Meter zum Hotel, duschten dort und legten uns nach den vielen gelaufenen Kilometern schlafen.



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