Kanada 2002: Detroit - Niagara Falls - Toronto Eine Autoreise durch Ontario. Sehenswürdigkeiten von Niagara und Toronto. Tosende Wassermassen. Das Ende der Welt. Fragende Zöllner. Schwindelnde Höhen. Beats zwischen Wolkenkratzern. Blasige Füße. Gesiegelte Postkarten.


 
   Kanada (Ontario) 2002: Übersicht  
     
 


Zeitraum: Juli 2002

Einfache Distanz: 530km

Zurückgelegte Gesamtstrecke: ca. 1000km

Hauptziele: Niagara Falls, Toronto

Gute Planungsunterlagen:
 Ost Kanada, H. und B. Wagner, Vista Point Verlag Köln, ISBN 3-88973-180-5
 Kanada, Vis-a-vis, Dorling Kindersley, ISBN 3-928044-51-6

 

Aus Anlaß einer Geschäftsreise in die USA machte ich einen kleinen Abstecher übers verlängerte Wochenende nach Kanada. Wie üblich habe ich auch diesesmal kein Hotel im Voraus gebucht. Unterwegs war ich mit einem in den USA geliehenen Mietwagen.

Zusammengefaßt kann ich sagen, dass ich sehr positiv von Kanada und Toronto überrascht bin. Freundliche und offene Menschen, ein größeres Freiheitsgefühl als in den USA, tolle Atmosphäre, gepflegt, gute Mischung der Kultur, schöne Natur, Fahrrad fahren selbst in der Stadt kein Problem, warme Sommer. Leider etwas teuer.
Zudem war dies meine erste Reise völlig alleine, was in mir die Überzeugung wachruft, dass dies die vielfach intensivere Art ist zu reisen. Ich hatte in den paar Tagen mehr Kontakt zu Einheimischen, als ich zuvor bei meinen anderen Reisen hatte. Und nur über die Menschen lernt man ein Land richtig kennen.

Für Detroit, dem Ausgangspunkt der Reise, gibt es einen direkt anknüpfenden Reisebericht Detroit.



 
   Etappe 1: Detroit (USA) - Niagara Falls (CAN)  
   

Vergrößern: Niagara Falls

Vergrößern: Niagara Falls

Vergrößern: Niagara Falls

 

Distanz: ca. 400km

Hotel: Grand Motor Inn (ca. 20km von den Niagara Fällen entfernt, ca. 50 US-$), Niagara Falls Blvd. 2000, Tonawanda, New York 14150-5545, USA, Tel.: 716-694-6696

Touristeninformation: Niagara Falls Canada Touristenbüro, Stanley Avenue 5515, Niagara Falls, Tel.: 905-356-6061

Sehenswürdigkeiten: Skylon Tower, Robinson Street 5200, Canada, Tel.: 905-356-2651, www.skylon.com

 
Nachdem ich mal wieder geschäftlich in Detroit war wollte ich die Gelegenheit wahrnehmen und übers Wochenende ins angrenzende Kanada fahren. Mein erstes Ziel waren die Niagara Wasserfälle. So fuhr ich am Freitag Nachmittag vom Flughafen Detroit los, nachdem ich dort einen Kollegen abgesetzt hatte. In Detroit gibt es zwei Möglichkeiten nach Kanada (Windsor) zu kommen: Die Brücke und den Tunnel-to-Canada. Für beide Möglichkeiten muß man Brückenzoll entrichten. Über der Brücke war ich überraschend schnell und auch den kanadischen Zoll hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Es war kein Problem mit dem Reisepaß und dem US-Visa einzureisen. Allerdings darf man sich auf Fragen wie "führen Sie Waffen mit sich ?" gefaßt machen. Schon auf den ersten Metern in Canada fallen die Unterschiede zu den USA auf. Straßenschilder und Ampeln sind um ein gutes Stück kleiner und fast nirgendwo ist Müll zu sehen. Dann der Schock. Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 - Au fein, 100 MPH (=160km/h). Von wegen ! In Kanada gilt das metrische System, so darf man selbst auf 3 spurigen Autobahnen nur 100 km/h fahren. Man wird durch Schilder am Straßenrand belehrt, dass einen zu nahes auffahren umbringt, dass einen unangegurtetes Fahren umbringt, dass einen telefonieren am Steuer umbringt und wie teuer zu schnelles fahren ist. Schön, dass man den Bußgeldkatalog und Lektionen aus der Fahrschule am Straßenrand vorfindet - immer noch besser als Werbung, aber etwas oberlehrerhaft kommt mir das schon vor. Dafür sind die Straßen in Ordnung und nicht wie in Michigan von Schlaglöchern durchsetzt. Langsam nähere ich meine Geschwindigkeit einem einsichtigen Tempo an (120-140km/h) und versuche dabei immer möglichst rechts zu fahren. Die Polizei lauert meist auf dem Grünstreifen in der Mitte der Autobahn (hinter Brücken oder im Schilfgras) und hat dabei eher die linke Spur im Auge (=Raserspur). Unbescholten führt mein Weg über die 401 nach London und weiter über die 403 nach Hamilton. Von dort aus auf den QEW nach Niagara Falls. Als verwöhnter Europäer finde ich die Beschilderung auf der Autobahn gar nicht lustig. Hier wird meist keine Abfahrt mehrfach angekündigt und man muß sich sofort in Sichtweite des Schildes entscheiden. So kommen einige Erkenntnisse erst spät "...Aha, da hätte ich abbiegen müssen...".
Das Wetter war wunderbar sonnig, leider etwas schwül was in der Jahreszeit um Juli und August normal ist und so kam ich nach ein paar Pausen und Wendemanövern Abends an den Niagara Fällen an. Man könnte von Hamilton auf einen kostenpflichtigen Express Highway abbiegen, aber ich sehe keinen Grund das zu machen, da es auf dem QEW flüssig und ohne Probleme genauso geht. Bei den Niagara Fällen folgte ich einfach mal der Beschilderung "zu den Fällen" und stand kurz darauf unversehens tatsächlich am Rande der Schlucht und wurde von Strömen von leichtbegleiteten Touristen umringt.
Entlang der Promenade ging es nur im Schneckentempo voran und so konnte ich mir schon mal ein Bild von dem Kommerz und Tourismus entlang der Fälle machen. Dann fing es plötzlich trotz Sonnenschein heftig zu Regnen an, so dass ich den Scheibenwischer brauchte um überhaupt noch etwas zu sehen. Es war die Gischt der Wasserfälle die auf die Straße geblasen wurde und herunter regnete, später sollte ich noch eingehendere (feuchtere) Erfahrungen mit diesem Phänomen machen. Irgendwann fand ich dann endlich eine Einfahrt zu einem Parkplatz der - wie soll es an einem Ort wie diesem auch anders sein - natürlich kostenpflichtig war. Der Parkplatz lag aber günstig, nur ca. 100m von den kanadischen Niagarafällen (Horseshoe Falls) entfernt. Vielleicht sollte ich hier noch erwähnen, dass sich die Grenze zw. Kanada und den USA in der Mitte der Schlucht und den Fällen durch zog. So gibt es einen Wasserfall der zu Kanada gehört und einen der zu den USA gehört (American Falls). Deshalb spricht man auch von den Fällen (Falls) und nicht von der Einzahl Fall. Alles klar :-) ? Auch wenn es die Amerikaner rundweg abstreiten ist die kanadische Seite der Fälle erheblich attraktiver.
Jedenfalls näherte ich mich nun bei einsetzender Dämmerung dem Ende der Welt. Diesen Eindruck hatte ich nämlich, als ich mich von hinten in Flußrichtung dem Wasserfall zu Fuß näherte und das Wasser plötzlich an einer scharfen Kante ins Nichts verschwand. Genau an der Kante befindet sich am Ufer ein Aussichtspunkt von dem aus man dem abrupten Sturz des grünlich klaren Wassers beobachten kann. Genial ! Durch die Wellen des Wassers kann man die dunkle Felsklippe ausmachen, an dem das Flußbett plötzlich endet. Dann fällt das Wasser 52 Meter in die Tiefe und produziert dabei Unmengen an Gischt und Lärm. Auch nach längerem Hinsehen ist die Szenerie surreal.
Ich lief an der Promenade entlang und entdeckte dabei die merkwürdigsten Leute. Hier schienen die Amerikaner und Kanadier ihre Romantik auszuleben, zwischen Neonleuchtreklamen und den später im Dunkeln mit Bonbonfarben beleuchteten tosenden Wasserfällen. Es gab fast niemanden in der Menschenmenge, der nicht mit einem Fotoapparat bewaffnet gewesen wäre und damit unzählige Bilder von seinen Lieben oder sich vor den Wasserfällen gemacht hätte. Es waren aber nicht nur Amerikaner die mit verträumtem Blick an diesen Ort gekommen waren, sondern auch Japaner, Inder und der Rest dieser Erde. Mich erstaunte auch die Präsenz von Amisch-Peoples, den Leuten die der Modernen Technik abgeschworen hatten und noch wie vor 100 Jahren lebten.
Nachdem ich ein gutes Stück entlang der Promenade gelaufen war und es inzwischen Dunkel geworden war machte sich mein Magen bemerkbar. So bog ich in das hell erleuchtete Vergnügungsviertel der Stadt ab. Am Clifton Hill wurde ich mit blinkenden Reklameschildern, lauter Musik, süßen Düften und Menschenmassen überrascht. Hier gab es nicht nur Fast Food Restaurants sondern überwiegend Attraktionen wie Geisterbahnen, Ripleys "Believe it or Not" Museum, 3D Kinos, Bars, usw. Unterhaltung für die ganze Familie. Ich arbeitete mich zu einem Fast Food Restaurant vor, um mir den Hunger zu stillen.
Inzwischen hatte ich erfahren, dass es jeden Freitag Abend von Mai bis September um 22 Uhr ein Feuerwerk über den Fällen gibt. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen und beschloß dazu auf die Rainbow Bridge, der Verbindungsbrücke in der Schlucht zwischen Kanada und Amerika, zu gehen. Am vermeintlichen Zoll auf der kanadischen Seite wartete nur ein Drehkreuz, das mit 50 Cents gefüttert werden wollte. So stand ich schon kurz darauf in der Mitte der Brücke und hatte von dort aus einen guten Ausblick auf die beiden Wasserfälle, die inzwischen bunt beleuchtet wurden, und den Lichtern der Stadt. Ich kam auch keine Minute zu spät, denn das Feuerwerk setzte bald darauf ein und machte die Szenerie noch bunter. Danach lief ich weiter in Richtung USA, beim Anblick der Schlange vor dem Zoll und der Einwanderungsbehörde verzichtete ich aber auf einen Grenzübertritt und machte wieder kehrt. Auf der Brücke traf ich dann auf eine Gruppe Fotografen die mit großen Stativen zugange waren. Als ich mir so anschaute was sie den fotografieren wollten wurde ich von einer Frau aus der Gruppe angesprochen. Wie sich im darauf folgenden Gespräch herausstellte handelte es sich um einen Fotokurs Nachtfotografie aus Buffalo. Ihr Lehrer war ihnen irgendwo abhanden gekommen, so dass sie es nun auf eigene Faust versuchten. Wir unterhielten uns über Filmempfindlichkeiten und allem möglichen und ich kam nicht umher meine Ausrüstung auch auszupacken. Wir verabschiedeten uns dann voneinander und ich versuchte noch ein paar Aufnahmen, bevor ich mich zur kanadischen Uferseite zurückbegab. Hier wurde es dann lustig. Nachdem ich ohne Probleme auf die Brücke und somit aus dem Land gekommen war, dachte ich eigentlich nicht daran, dass es irgendwelche Schwierigkeiten beim Wiedereinreisen geben würde. Tja, es gab leider einen Zoll mit Paßkontrolle. Als ich an der Reihe war fing der Beamte an zu fragen, was ich denn in Kanada wolle (äh, zu meinem Auto ?). In welchem Hotel ich denn wohnen würde (bisher keines). Das könne ja nicht sein (warum ?). Wo ich denn herkommen würde (von der Brücke). Was ich denn dort gemacht hätte (jetzt geht's langsam echt los...) und ob mein Rucksack das einzige Gepäck wäre das ich dabei hätte (na klar, der Rest ist im Auto in Kanada). Ich sah mich schon schwitzend an oder unter der Brücke entlang hangeln um wieder ins Land zu kommen. Das Verhör ging weiter: Wo denn mein Auto geparkt sei und was ich den arbeiten würde ? Nachdem nun alle Leute in der Schlange hinter mir alles wußten, durfte ich dann endlich wieder kanadischen Boden betreten. Ich glaube das Schlimmste wäre gewesen, wenn ich meinen Paß im Auto hätte liegen lassen, denn wie gesagt, auf die Brücke kommt man ohne Kontrolle, nur nicht mehr von ihr herunter. Noch besser wäre es geworden, wenn meine Papiere von der Brücke ins Wasser gefallen, ich glaube dann könnte ich gleich hinterher springen...
Jedenfalls war ich wieder in Kanada und so lief ich der Promenade wieder entlang Richtung Table Rock, wo sich der Horseshoe Fall, der Parkplatz und mein Auto befand. Auf dem Weg dorthin wollte ich noch eine Nachtaufnahme von den American Falls machen, aber als ich gerade alles aufgebaut und eingestellt hatte schaltete die Beleuchtung ab. Pünktlich um 24 Uhr war das Spektakel zu Ende. Übrigens werden Nachts auch die Wassermassen reduziert, um die Erosion der Wasserfälle zu mindern. So fressen sich die Wassermassen jedes Jahr nur noch ca. 6cm in den Fels, während es sonst 30cm wären.
Für die Nacht hatte ich mir mit Hilfe eines Kollegen ein günstiges Motel auf der US-Seite herausgesucht. Ich hatte nun aber keine Lust mehr noch mal einen Grenzübertritt zu machen und im Dunkeln nach der Unterkunft zu suchen. So entschloß ich mich im Fahrzeug zu übernachten, was angesichts der warmen Nachttemperaturen von 25 Grad auch kein Problem darstellte. Der Parkplatz war inzwischen auch so gut wie leer und es stellte sich heraus, dass man nur für die Einfahrt zahlen mußte, unabhängig davon wie lang man stand. So kam ich in den Genuß einer unschlagbar günstigen Übernachtung direkt an den Fällen, deren Rauschen mich in den Schlaf wogen und einer ruhigen Nacht. Ich wachte erst wieder gegen 7 Uhr auf und stellte erstaunt fest, dass noch keine Menschenseele unterwegs war. Ich richtete mich kurz her und machte mich zu den im Dunst liegenden Fällen auf, die ich nun wirklich für mich alleine hatte. Erst so gegen 9 Uhr füllte sich die Promenade schlagartig.
Ich versorgte mich inzwischen mit Kaffee und nahm die Fälle im morgendlichen Licht in Augenschein. Es war morgens recht dunstig und nebelig, was sich erst gegen Mittag einigermaßen legte. Aber eine richtige Fernsicht hatte ich dann auch nicht. Ich entschloß mich Mittags zu einer Fahrt auf den Skylon Tower. Von hier hat man einen wunderbaren Blick auf die 236m tiefer liegenden Wasserfälle. Bei gutem (klaren) Wetter kann man angeblich bis Toronto sehen. Ich schätze, dass dies eher in den kühleren Monaten möglich ist, wenn die Luftfeuchtigkeit nicht so hoch ist. So verschwanden vor mir die Details der Ferne langsam im Dunst. Auf der Aussichtsplattform spielten sich die selben Szenen ab wie auf der Promenade. Leute fotografierten sich wie wild vor dem Hintergrund der Wasserfälle.
Der Skylon Tower enthält auch ein Restaurant, welches sich pro Stunde einmal um 360 Grad dreht und den Gästen somit einen gesamten Überblick vermittelt.
Als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte besuchte ich nochmals die Promenade an den Horseshoe Falls und wurde dort regelrecht geduscht. Der Wind hatte nämlich inzwischen gedreht und blies die ganze Gischt in Richtung Promenade. Es war wie starker Regen der die Kleidung schnell bis auf die Haut durchnäßte. Das konnte aber weder mich noch die Besuchermassen abhalten, so dass es mehr oder weniger wie auf einer Wet-T-Shirt-Party zuging. Nachdem ich mit dem Wasser der Niagara Fälle getauft war, trocknete ich mich erst mal in der Sonne und fuhr dann mit dem Auto weiter in Richtung Toronto. Interessant wäre eine Maid-of-the-Mist Bootstour, bei der man mit Booten kurz vor die Wasserfälle gefahren wird. Oder eine Journey behind the Falls, bei der man erst hinunter zu den Horseshoe Falls und dann in Tunneln hinter den Wasserfällen herumlaufen kann. Beidesmal sehr feuchte Aktionen, bei denen aber ein Wasserschutzumhang inklusive ist. Ich wollte jedoch nicht in einer langen Schlange warten, bis ich ein Ticket bekam.



Hier geht es nur Vorwärts ... Niagara Falls - Toronto



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