Kanada 2002: Detroit - Niagara Falls - Toronto Eine Autoreise durch Ontario. Sehenswürdigkeiten von Niagara und Toronto. Tosende Wassermassen. Das Ende der Welt. Fragende Zöllner. Schwindelnde Höhen. Beats zwischen Wolkenkratzern. Blasige Füße. Gesiegelte Postkarten.


 
   Etappe 2: Niagara Falls - Toronto  
   

Vergrößern: Toronto

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Distanz: ca. 130km

Hotel: Bond Place Hotel (ca. 130 CAN-$), Dundas Street 65 (Kreuzung Bond Street), Tel.: 416-362-6061, Fax.: 416-360-6406

Hotel Victoria University (von Mitte Mai bis August als Hotel umfunktioniertes Studentenwohnheim), Charles Street West 140, Toronto Ontario M5S 1K9, Tel.: 416-585-4524, Fax: -4530

Touristeninformation: www.city.toronto.on.ca

Sehenswürdigkeiten: CN Tower, Front Street West 301, Tel.: 416-868-6937, www.cntower.ca

SkyDome Stadium, Blue Jay Way 1, Tel.: 416-341-3663
First Post Office, Adelaide Street East 1, Tel.: 416-865-1833

Art Gallery of Ontario, Dundas Street West 317, Tel.: 416-979-6648, www.ago.net

Royal Ontario Museum, Queens Park 100, Tel.: 416-586-8000, www.rom.on.ca

Restaurants: Hard Rock Cafe, Yonge Street 279, Tel.: 416-362-3636, www.hardrock.com

Lobster Trap Restaurant, Avenue Road 1962 (North York), Toronto, Tel.: 416-787-3211, www.thelobstertrap.ca

 

Auf der ca. 2 stündigen Fahrt nach Toronto machte ich zwischendurch eine Rast um zu tanken und etwas zu essen. Dabei mußte ich dann feststellen, dass ich eventuell ein Problem mit meiner MasterCard Kreditkarte bekommen könnte. Weder bei McDonalds noch an der Tankstelle wurde die Karte akzeptiert. VISA Karten wurden dagegen gerne genommen. Die Odyssee sollte damit erst angefangen haben.

Am späten Nachmittag erreichte ich Toronto. Da es eine der größten Städte von Kanada ist, dehnt sich das Stadtgebiet auch über zig Kilometer aus. Ich hatte vor in einem Motel auf den Zufahrtsstraßen zu übernachten, wollte aber erst mal in das Stadtzentrum. Dazu fuhr ich auf den sogenannten Gardiner Express Way der mitten durch das Zentrum fährt und von dem ich auf Höhe des Hafenviertels abbog. Wie durch Zufall stand ich wenig später vor einem kostenpflichtigen Parkplatz und handelte dort erst mal mit dem Bewacher einen günstigeren Preis aus, weil ich es nicht im Ansatz einsah 10 CAN-$ für einen halben Tag zu bezahlen. Leider wird man in Toronto Downtown nicht darum herumkommen einen Parkplatz zu nehmen der etwas kostet, weil es so gut wie keinen Platz gibt an dem man nicht abgeschleppt oder zur Kasse gebeten wird.
Nachdem das Auto abgestellt war, machte ich mich zu Fuß in die Stadt auf. Schon wenig später lief ich staunend zwischen edlen Hochhäusern des Finanzviertels umher. Das Wetter war sonnig und heiß, zum Glück blies eine leichte Brise vom See, so dass man es einigermaßen aushalten konnte.
Toronto ist – wie auch in amerikanischen Städten üblich – von einem gitterartigen Straßennetz durchzogen. Und so wanderte ich Block um Block weiter in die Stadt. Irgendwann stand ich dann vor der futuristischen Form des Rathauses, der Toronto City Hall. Obwohl bereits um 1960 gebaut, wirkt das Gebäude auch im Jahr 2002 noch nicht so, als ob es in unsere Zeit gehört. Vor dem Gebäude befindet sich ein großer Platz (Nathan Phillips Square) mit Sitzbänken und großem Brunnen (welcher im Winter zum Eislaufen freigegeben wird). Als krasser Gegensatz zu den runden und puristischen Formen der Toronto City Hall wirkt die nebenan liegende Old City Hall mit ihrer historischen Fassade und den blaugrün patinierten Dächern und Türmchen. Zudem wird die Old City Hall noch von verspiegelten Hochhäusern umgeben, was einen dazu bringt kurz zu glauben vor einem Zeitloch zu stehen.
Im nahe gelegenen, hektisch betriebsamen Eaton Centre (Mega Einkaufsmall) ergattere ich an einem Infostand einen Stadtplan, in dem auch Hotels verzeichnet sind. Leider ist daraus nicht ersichtlich in welchem Preisrahmen sich die Unterkünfte bewegen. Ich begab mich zurück zum Nathan Phillips Square schaute die Karte durch und blinzelte in die Sonne. Danach lief ich zurück zu meinem Auto und machte mich auf, ein paar Hotels abzufahren. Beim verlassen des Parkplatzes stellte ich dann schockartig fest, dass ich auf einer dreispurigen Straße entgegen der Fahrtrichtung fuhr. Die kanadischen Autofahrer verhielten sich auch in dieser Situation zuvorkommend und so konnte ich wenige Meter später den Wagen wenden und weiterfahren. Nachdem ich mich durch die Straßen der Stadt bis zum ersten Hotel durchgekämpft hatte (viele Querstraßen sind Einbahnstraßen) mußte ich einmal um den Block laufen, bis mir auffiel, dass das Hochhaus an der Ecke das gesuchte Hotel war. Hier nahm ich dann ein Zimmer, weil ich einfach keine Lust mehr hatte weiter zu suchen. Da der Papst zur Zeit in der Stadt war (World Youth Day 2002) überzeugte mich der Portier davon, dass der Preis des Zimmers durchaus angemessen wäre und ich rechnete nur in Euro um, so dass der Zahlenwert noch einigermaßen zu verkraften war. Ein Motel gibt es zum drittel Preis, aber da müßte man auch erst mal wissen wo sich eines befand (was durch eine Vorplanung zu lösen wäre). Wenigstens konnte ich im Bond Place Hotel mit meiner Kreditkarte bezahlen. Den nächsten Preisschock bekam ich, als ich mein Auto in die Tiefgarage des Hotels stellen wollte. 12 CAN-$ für 24 Stunden. Hier stellte ich dann fest, dass mein kanadisches Geld langsam zur Neige ging. Der Mann von der Tiefgaragenkasse meinte, ich solle "kurz um die Ecke" zu einer ATM Maschine gehen und dort mit meiner Kreditkarte Bargeld ziehen. Das "kurz um die Ecke gehen" wurde zu meiner Abendbeschäftigung dieses Tages. Nachdem ich mein Zeug ins Hotelzimmer gebracht hatte lief ich los um die Stadt zu erkunden und mir Geld zu besorgen. Was soll ich sagen ? Ich lief sage und schreibe 11 ATM-Geldautomaten ab, welche in Tankstellen, Banken und Kaufhäusern waren, um langsam festzustellen, dass MasterCard in diesem Lande nicht unbedingt willkommen war. In der Schalterhalle der Bank of Canada hatte ich dann endlich Glück. Ohne Bargeld und mit einer nur halbwegs akzeptierten Kreditkarte hätte ich mich gleich am nächsten Tag wieder auf den Rückweg in die USA machen können.
So wanderte ich nun zufrieden aber mit schmerzenden Füßen weiter durch die Straßen der Stadt und schaute mir im Dämmerlicht der anbrechenden Nacht den über der Stadt schwebenden CN Tower an. Von hier aus lief ich nochmals zur Toronto City Hall, die nun im dunkeln hell angestrahlt wurde so daß sich die Form noch besser von der Umgebung abzeichnete. Ich war gerade dabei meine Kamera aufzubauen, da sprach mich ein Mann an, mit dem ich etwas ins Gespräch kam. Es war ein Inuit (Eskimo gilt als Schimpfwort), ein Eingeborener. Er wollte wissen wie es mir hier in seinem Land gefallen würde und woher ich kam. Ob ich Fotos als Beruf machen würde ? Ich erzählte ihm ein wenig und als er mich um etwas Geld bat gab ich ihm etwas und fühlte mich ein wenig traurig. War es nicht ungerecht, dass ich mal eben so aus dem fernen Deutschland nach Toronto kommen konnte und er, als Einheimischer in seinem Land betteln mußte ? Wir verabschiedeten uns mit Handschlag.
Inzwischen war es dunkle Nacht geworden, aber die Temperaturen waren unglaublich warm. Nachdem es am Tag locker 33 Grad C gehabt hatte, war es nun mit 26 Grad sehr angenehm und nicht wie in Deutschland üblich gleich wieder kalt.
Mein Weg führte zurück auf die Yonge Street die an der Kreuzung zur Dundas Street schon beinahe das Flair von New Yorks Time Square annimmt. Nach einem Abendessen im Burger King stellte ich erfreut fest, dass das Hotel gleich um die Ecke der Yonge Street lag. Hier stieß ich auch noch auf das Hard Rock Cafe. Meine Beine und ich waren aber zu Müde und so lagen wir kurz darauf im Bett und ruhten uns für den nächsten Tag aus.
In der Nacht gewitterte es, was bei der hohen Luftfeuchtigkeit auch kein Wunder war. Auch am nächsten Morgen regnete es noch, doch als ich mit meinem Schirm loszog hörte es so schnell auf, dass ich es kaum glauben konnte. Keine 30 Minuten später strahlte die Sonne vom Himmel und nur noch große Pfützen erinnerten an den Regen. Mein Weg führte mich zur Torontos First Post Office, die seit 1834 in Betrieb ist. Hier kann man sich neben ein paar geschichtlichen Erklärungen die Einrichtung des Postamts im Original anschauen (Eintritt frei). Aber nicht nur das, hier kann man auf grob gezimmerten Tischen Briefe mit Tusche und Gänsefeder bei Kerzenlicht schreiben. An diesem Sonntag Vormittag war nicht viel los und so setzte ich mich an einen der Tische und versuchte mein Glück mit der Feder, was viel einfacher war als zuerst angenommen. So schrieb ich ein paar Postkarten. Neben mir war noch ein Paar anwesend, welches eifrig Briefe schrieb und danach versiegelte. Nachdem sie gegangen waren fragte ich die Postangestellte, ob sie mir das mit den Siegeln auch zeigen könnte. Sie lachte, gab mir Siegelwachs und zeigte den Vorgang. So wurden meine mit Feder unterschriebenen Postkarten auch noch amtlich gesiegelt :-) Danach ging ich zur Postangestellten, um die Karten gleich loszuschicken. Das Postamt ist heute auch noch als solches in Betrieb. Ich kam mit der Postangestellten Dannielle ins Gespräch und so erfuhr ich, dass sie nur in ihren Studienferien hier arbeitet und sonst kanadische Geschichte studiert. Wir unterhielten uns etwa 2 Stunden über Gott und die Welt. Sie empfahl mir das Royal Ontario Museum (ROM) zu besuchen, für das man aber einiges an Zeit, wenn nicht gar mehrere Besuche benötigen würde. Auch das Casa Loma, etwas außerhalb gelegen, sei sehr sehenswert. Sie gab mir ihre Telefonnummer und ihre E-Mail-Adresse, woraufhin ich ihr auch meine gab. Ich erklärte ihr dann noch die Sache mit den deutschen Umlauten, die sie lustig anzuhörend versuchte auszusprechen. Wir verabschiedeten uns dann voneinander und ich ging mit einem sehr sympathischen Gefühl von dannen.

Auf meinem Weg Richtung Hafenviertel kam ich an der Ecke Jarvis/Front Street (gegenüber St. Lawrence Market) an einem Antikflohmarkt vorbei, der dort wohl jeden Sonntag stattfindet. Es ist recht interessant zwischen alten ausgestopften Hirschköpfen und bunt bemalten Totempfählen umherzuwandern. Nach diesem kleinen Zwischenstopp bog ich in die Front Street ein und näherte mich einem weiteren schönen Ausblick: hinter einer Allee mit Bäumen spaltete sich die Straße wie ein Y, im Keil des Y befindet sich ein dreieckiges, rotes Backsteingebäude dessen Stirnseite nur knapp 2m breit war. Hinter dem Gebäude bauen sich die gläsernen Wolkenkratzer des Finanzviertels auf, so dass man fasziniert von diesen Widersprüchen mehrmals hinschauen muß.
Wenig später kam ich am Ufer, an der sogenannten Harbourfront, an. Dieser Bereich ist schwer zu erklären. Einerseits befinden sich hier kleinere Parks mit Bänken und Liegeflächen, andererseits exklusive Restaurants, Yachthafen und Konzertarena. Ich wandelte erst ein wenig am Wasser entlang und überzeugte mich von dem wunderbaren Wetter, denn inzwischen war nicht mal eine Wolke mehr am Himmel zu sehen. Dann lief ich eine Bucht weiter und wurde von rhythmischer Musik und einer Menschenmasse angelockt. Wie sich nachher herausstellte war das der Molson Place. Unter dem Dach einer direkt am Wasser liegenden, nach allen Seiten offenen Konzertbühne tanzte sprichwörtlich der Bär. Auf der Bühne der Harbourfront Concert Stage spielten ca. 15 Musiker mit Trommeln, auf der großen Tanzfläche davor machten etwa 200 Leute die Bewegungen nach, die ihnen eine quirlige Vortänzerin vormachte. Ich setzte mich zu den zahlreichen Zuschauern und wunderte mich erst mal darüber, dass die Veranstaltung kostenlos war und dann auch noch die verschiedensten Leute in Partylaune ohne zu zögern mitmachten. Nachdem das Stück zu ende war verabschiedete sich leider die Gruppe, deren afrikanisch/brasilianische Trommelmusik echt gut war. Danach kam gleich die nächste Gruppe auf die Bühne, und legte mit Samba und Salsa gleich nach. Gleich sprang wieder ein Haufen Zuschauer auf die Tanzfläche und tanzte zum Takt der Musik ab. Ich traute meinen Augen nicht, als ich eine ca. 70jährige Frau mit großer Sonnenbrille und Perlenkette auf der Tanzfläche herumspringen sah. Die Atmosphäre war absolut einzigartig, ich kann nur empfehlen am Sonntag Nachmittag hier einen kleinen Aufenthalt einzulegen. Nur schwer konnte ich mich von der Veranstaltung trennen.
Die Musik sollte mich in dieser Stadt nicht verlassen. Ein paar Hafenbecken weiter zog erst ein dreimastiges Segelschiff meine Aufmerksamkeit auf sich, dann eine wunderbar angelegte Parkanlage, welche über verschlungene Wege und einfallsreichen Dekorationen zwischen den Blumen verfügte. Mitten in der Botanik schraubten ein paar Leute eine Verstärkeranlage zusammen. Der abschüssige Hügel davor entpuppte sich bei genauerem hinschauen als Zuschauerrang. Ich entschloß mich erst ein wenig im Hafen umherzuschlendern und dann hierher wieder zurück zu kommen. Nach etwas ausruhen an der Hafenausfahrt, wobei mir ein paar Skipper zuwinkten, kam ich wieder zu der Freiluftveranstaltung zurück. Inzwischen hatten sich einige Leute angesammelt und die Musik, eine Performance aus Xylophon, Panflöte und Glockenspiel, lag in der Luft.
Nach dieser Kunsteinlage näherte ich mich dem Wahrzeichen von Toronto: dem CN Tower und dem daneben liegenden Skydome. Der Skydome ist ein riesiges Sportstadion, dessen Dach bei gutem Wetter geöffnet werden kann. Je näher ich diesem Monstrum kam, um so größer wurde es. Entlang der Fassade entdeckte ich dann plastische Comicfiguren, welche den Betrachter nicht nur fast anzuspringen schienen, sondern ihm auch die Zunge herausstrecken, ihn fotografieren, etc. Für den Skydome gibt es extra Führungen. Auch ist ein Hotel integriert von dessen Zimmern man einen Blick auf die Spielfläche hat.
Neben dem Skydome baut sich der CN Tower steil in die Höhe auf. Ungläubig näherte ich mich den Betonpfeilern, die das 553 Meter hohe Bauwerk tragen. Im Vergleich zur Höhe sind die Abmaße des Turmes auf der Grundfläche lächerlich. Erst als meine Hand den Beton berührt kann ich langsam glauben, dass es hier einen halben Kilometer nach oben geht. Den Besuch des Turmes hob ich mir für den nächsten Tag auf. Langsam macht sich auch mein Hunger bemerkbar, schließlich ist es auch schon kurz vor 16 Uhr. Über den Skywalk überquere ich die Eisenbahnschienen und laufe Richtung Hotel. Inzwischen machen sich auch meine Füße bemerkbar, die bei den Niagarafällen naß wurden und dank der gelaufenen Kilometer danach Blasen entwickelten, welche nun langsam weh tun. Jedenfalls versorge ich erst mal meinen Magen in einem eisgekühlten Fast Food Restaurant. Als ich wieder an das Tageslicht komme, bekomme ich fast einen Temperaturschock und meine Brille beschlägt regelrecht bei über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit. Hier kommt man von einem extrem ins andere. Im Hotel angekommen ruhte ich mich ein wenig aus und packte dann mein Fotostativ, weil ich gerne Nachtaufnahmen der Skyline von Toronto machen wollte. Mir machten zwar meine Füße etwas Sorgen, aber ich entschließe mich trotzdem zumindest eine Strecke zu laufen. Mein Ziel war der Ontario Place am westlichen Ufer. So arbeitete ich mich etwas langsamer als üblich entlang der Dundas Street nach Westen vor. Vorbei an der Art Gallery of Ontario finde ich mich plötzlich in Chinatown wieder, wo eine Unmenge an Werbetafeln in chinesischen Zeichen für die zahlreichen Läden und Restaurants werben. Hier kann man sich auf der Straße mit frischem Gemüse eindecken oder in ominös aussehenden Gesundheitsläden Ginseng-Wurzeln kaufen. Jetzt wird mir auch klar, wieso in Toronto so viele asiatisch aussehende Menschen unterwegs sind. Besonders auffallend fand ich auch, dass an den Straßenrändern von Chinatown nur noch Fahrzeuge von asiatischen Herstellern geparkt waren.
Als die Sonne langsam untergeht komme ich wieder am Wasser an und verlaufe mich auch noch dummerweise in einer Hafenanlage, so dass ich plötzlich am Ende eines Steges umgeben von Wasser stehe und umkehren darf. Nach der Durchquerung eines größeren Parks komme ich dann halb auf dem Zahnfleisch auf dem Ontario Place an. Ich hatte locker 5km Fußmarsch hinter mir und ich ärgerte mich schon nicht mit dem Auto oder einer dieser etwas planlos umherfahrenden Straßenbahnen gefahren zu sein. Aber mir kann man wohl nicht helfen, vielleicht muß ich auch jeden Meter in einer Stadt mit den Beinen erkunden.
Der Ontario Place ist ein Kombination aus Ausstellungsgelände und Vergnügungspark. Der Eintritt für das Gelände ist frei, für die Attraktionen muß man aber einzeln bezahlen, genauso wie für den angrenzenden Parkplatz. Vom östlichen Zipfel der Halbinsel hat man einen freien Blick auf die Skyline von Toronto und zugleich die untergehende Sonne im Rücken. Diese war bei meinem Eintreffen leider bereits untergegangen. Ich baute meine Kamera auf den Steinen der Uferbefestigung auf, zog meine Schuhe aus und setze mich hin, um die einsetzende Dämmerung und das damit verbundene Aufflackern von immer mehr Lichtern in den Gebäuden der Stadt zu beobachten. Im Dunkeln segelte dann auch noch ein Dreimaster mit beleuchteten Segeln an mir vorbei, was sehr eindrucksvoll aussah.
Ich machte mich dann später auf den Rückweg durch den Park, wo ich im Dunkeln fast mit ein paar einzelnen Joggerinnen zusammenstieß. Also so gefährlich kann die Gegend gar nichts sein. Mein Interesse galt aber mehr meinen schmerzenden Füßen als irgendwelchen weiblichen Personen. Tja, irgendwie wurde ich dann aber von dem blauen Leuchten der Skydome-Kuppel angezogen und so lief bzw. wankte ich entlang der Harbourfront/Queens Quay bis ich auf Höhe des Skydomes war. Hier baute ich nochmals mein Stativ auf, machte ein paar Aufnahmen und schlich dann weiter Richtung Hotel. Auf dem Weg dorthin kaufte ich mir noch etwas zu Essen, welches ich in der warmen Nacht auf den Marmorstufen zu einer Bank verspeiste. Ich überlegte mir kurz das obligatorische Eis im Getränke auf meinen brennenden Füße zu verteilen, lies es aber dann doch bleiben und ging dann voll zum Hotel zurück. Dort hatte ich kaum mein Zimmer betreten und meine Schuhe ausgezogen, da fiel ich angesichts des Ereignis- und Kilometerreichen (mehr als 19km wie ich gerade ausgemessen habe) Tages ins Bett und in den Schlaf. Wie ich am nächsten Morgen feststellte, hatte ich mir auch noch einen wunderbaren Sonnenbrand auf der Nase und den Armen zugezogen.

Der nächste Tag war ebenfalls sonnig, wenn auch wieder leicht dunstig. Nach dem Frühstück machte ich mich nochmals Richtung Chinatown auf. Meine Füße schmerzten nicht mehr so heftig wie Tags zuvor, aber wer wußte schon wie schlimm es wieder werden konnte. Angesichts der unzähligen Fahrradfahrer und Inlineskater in der Stadt fragte ich mich, ob ich mir nicht irgendwo eines dieser Gefährte leihen sollte. Überraschenderweise ist Toronto ideal für Fahrräder oder Inliner, nicht nur dass die Autofahrer sehr viel Rücksicht nehmen, auch die Straßen sind eben, breit und besitzen teilweise Radspuren.
Entlang der Dundas Street stieß ich wieder auf die Art Gallery of Ontario. Hier befindet sich Kanadas größte Sammlung verschiedener Künste aus mehreren Jahrhunderten, einige Exemplare der Ureinwohner sowie diverse moderne Plastiken und Gemälde. Vor dem Eingang befindet sich eine riesige Bronzeplastik, die in mehrfacher Hinsicht interpretiert werden kann. Ich sah darin zwei Körper in einer eindeutigen Stellung – jetzt bitte keine Rückschlüsse auf meine geistigen Abgründe :-) Jedenfalls machte ich mich daran das Kunstwerk zu fotografieren, da sprach mich eine bereits grinsende schwarze Frau an und wollte neckisch wissen, was ich denn da sehen würde. Ähm... manche Fragen sollte man nicht unbedingt beantworten. Wir unterhielten uns noch kurz an der Ampel und gingen danach unserer Wege. So streunte ich noch etwas durch Chinatown und sah den Leuten – in der Mehrzahl Chinesen – bei dem geschäftigen Treiben zu.
Dann führte mich mein Weg endlich zum CN Tower. Dort suchte ich erst mal, wo man überhaupt Eintrittskarten kauft und fand am Fuße des Turmes endlich die Verkaufsschalter. Hier schnaufte ich heftig durch, als ich die Eintrittspreise sah. 24 CAN-$ incl. Steuer für den Trip bis zur höchsten Aussichtsplattform (Skypod) ! Da mir angesichts der Preise noch nicht ganz schwindelig wurde, kaufte ich die Karte, um mir hoch oben dann den Rest zu geben. Vor dem Eingang stand eine lange Schlange, aber es stellte sich dann schnell heraus, dass die Schlange nur für Gruppenbesucher war und ich mich direkt zur Schleuse im Innern begeben konnte. Schleuse ist hier genau der richtige Ausdruck. Man kommt sich vor wie in einem Science Fiction, wenn man nur Einzeln in den Durchgang vorgelassen wird. Hier steht man dann für mehrere Sekunden in einem Luftstrom der nach chemischen Verbindungen untersucht wird, welche auf Sprengstoff oder ähnliches hinweisen können. Gleichzeitig wird man von Videokameras gefilmt deren Bilder vielleicht mit einer Datenbank verglichen werden. Erst nach der Freigabe kann man die nachfolgende Halle betreten. Da ich offenbar als ungefährlich eingestuft wurde, folgte ich bald danach den Pfeilen zum Aufzug. Hier geriet ich unversehens vor eine Wand mit dem Bild des CN Towers und wurde fotografiert bevor ich überhaupt wußte was los ging. Das Bild könne ich mir am Ausgang abholen, aha. Als nächstes fand ich mich in einem dunklen Raum mit Leinwand wieder. Ein etwas ungeduldiger Reisender meinte er wolle hinauf auf den Turm und keine Filme anschauen, aber die Präsentationsdame blieb hart und der folgende Kurzfilm war auch wirklich genial und machte einen richtig heiß endlich dieses Megabauwerk zu erobern. Das taten wir dann auch kurz darauf als der Fahrstuhl (mit Aussicht) uns in den Himmel schoß. Oben auf der ersten Aussichtsplattform war ich dann etwas enttäuscht, denn die Aussicht war recht verschleiert und der Turm stand etwas in den Wolken. Das änderte sich dann recht schnell, als ich zum Glasbodenflur kam. Hier war in einer Höhe von über 300 Metern der Boden mit Blick nach unten durchsichtig ! Der erste Schritt ist der schwierigste, dann staunte ich nur noch. Ich habe noch nie so viele durchgedrehte Menschen an einem Ort erlebt. Nachdem sie die "Todesangst" überwunden haben brechen die meisten in erleichtertes Gelächter aus. Manche werfen sich ungehemmt auf den Boden, räkeln sich herum und lassen sich fotografieren. Ganz mutige hüpfen auf dem Glasboden wild umher um zu zeigen wie cool sie plötzlich sind. Man hört das Kreischen von ängstlichen Leuten die, Schwupps !, zufällig auf die Fläche gestoßen werden. Ich konnte mich nur schwer durch eine Menge junger Frauen vorarbeiten, die sich vor meinen Füßen ekstatisch auf dem Abgrund räkelten. So fand ich etwas schwitzend (was nicht alleine durch die Anstrengung des Umhersteigens verursacht war) endlich eine Stelle wo ich nach bis auf den Grund fotografieren konnte. Nach einer Weile lies ich den kreischenden Menschenhaufen hinter mir und stellte mich vor dem Aufzug zur zweiten Aussichtsplattform, dem Skypod, an. Diese kleine Plattform bildet den höchsten für die Besucher zugänglichen Punkt des CN Towers und ist auch die höchste Aussichtsplattform weltweit. Hier befindet man sich 447m über dem Erdboden und die Aussicht ist gigantisch. Nachdem die normale Aussichtsplattform zuvor in den Wolken steckte, war ich nun über ihnen, was ein phantastischer Anblick ist wenn man die Hochhäuser von Wolken umgeben sieht. Sonst ist die Höhe schon fast zu groß, um so etwas wie Schwindelgefühle zu haben. Ich blieb eine ganze Weile dort und genoß die Aussicht sowie den Anblick der winzigen Geschäftigkeit am Boden. Danach kehrte ich zur tiefer gelegenen Plattform zurück und später fuhr ich ganz nach unten, um wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Die wieder etwas schmerzenden Füße trugen mich dann zum Hardrock Cafe in der Yonge Street, wo ich für meinen T-Shirt sammelnden Bruder ein City-T erstand. Bereits in Shopping-Laune gekommen, besuchte ich als nächstes das fast gegenüberliegende Eaton Centre (Kreuzung Yonge Street/Dundas Street). Hier kann ich nur den Besuch des Indigo Buchgeschäftes empfehlen, auf 2 Etagen gibt es hier nicht nur alles was das Leserherz begehrt, sondern zudem gibt es dort ein Cafe und gemütliche Sitzplätze von denen man, ein Buch lesend, auf die hektische Menschenflut in den Gängen des mit einer gigantischen Glaskuppel überspannten Einkaufszentrums herunter blicken kann. Ich verbrachte einige Zeit im Indigo und riß mich dann davon los. Im Untergeschoß stieß ich auf einen Fotoladen, bei dem ich mir einen neuen Film kaufte. Im Vergleich zu Deutschland sind die Preise recht heftig. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass es in der Mall wirklich fast alles gab, was man sich denken konnte begab ich mich wieder ans Tageslicht. Hier erlebte ich an der Ecke Dundas/Yonge mitten auf dem Bürgersteig vor der Kulisse fahrender Autos ein weitere musikalische Performance dieser Stadt. Drei Darsteller bauten zwei komplette Schlagzeuge und ein Set von Kunststoffeimern auf. Dann gab es rockige Schlagzeug-Beats, bei denen ein Darsteller gekonnt Gebrauch von den Plastikeimern machte. Angelockt von der Musik bildete sich schnell eine größer werdende Menschentraube um die Darsteller, die nun anboten, dass jemand aus dem Publikum ein Schlagzeug übernahm. Ein Freiwilliger war schnell gefunden und was soll ich sagen ? Uns Zuhörern schlackerten fast die Ohren angesichts der Perfektion der Musik ! Die Drummsticks wanderten von einer Könnerhand zur anderen und sorgten für immer mehr Aufsehen. Es war echt genial. Als sich die Darsteller an den Abbau machten kam ich mit einem von Ihnen ins Gespräch. Er entpuppte sich als lustig anzusehender Mimenspieler und voll überzeugte Linux Freak, welcher seine Abscheu gegenüber Microsoft mit keinem Wort zurück hielt. Er studierte Informatik und machte sich nun Gedanken, ob er sich auf Programmierung unter Linux spezialisieren sollte. Wir unterhielten uns ein wenig über die fantastischen Möglichkeiten von Handy-Organizern mit frei programmierbarem Betriebssystem und Datensicherungssystemen. Dann trennten wir uns wieder so schnell wie wir zusammen gekommen waren. Es war schon amüsant auf was für Menschen und Geschichten man treffen konnte.
Zum Abendessen ging ich ins Taco-Bell-Restaurant und als ich wieder auf die Straße trat konnte ich nicht glauben, dass ich plötzlich im Regen stand. In der kurzen Zeit war ein Gewitter aufgezogen und begoß mich nun mit warmem, aber heftigen Regen. So beeilte ich mich zurück ins Hotel und war eigentlich auch geschafft genug für diesen Tag. Ich räumte noch meine Sachen für die morgige Abreise zusammen, duschte noch und legte mich anschließend ins Bett.

Ein sehr feinschmeckender Kollege hat mir das Restaurant Lobster Trap empfohlen, wenn ich Lust auf Hummer hätte. Das ist leider nicht so mein Ding, jedenfalls möchte ich trotzdem den Tip nicht vorenthalten, auch wenn ich mich nicht persönlich davon überzeugen konnte. Zwar ist der Genuß nicht billig und das Restaurant nicht Top herausgeputzt, dafür soll es dort den besten Hummer von Kanada geben (oder zumindest von Toronto).

Am folgenden Tag war das Wetter fast zu schön, um den Rückweg nach Detroit anzutreten. Aber mein Flugzeug ging am Abend so dass mir nicht anderes übrig blieb. Der Weg heraus aus der Stadt und über die 401 nach Windsor verlief flott und ohne Probleme. Ich tankte und aß unterwegs in irgendeinem kleinen Ort. Beim herumspielen mit dem Tempomat (oder Cruise Control) durfte ich feststellen, dass mein GM Oldsmobil Alero 2.2L einen Softwarebug oder eine fehlende Entprellung bei der Beschleunigungstaste hatte, was mir eine Portion Adrenalin einbrachte als der Wagen durchbeschleunigte, wo ich es schon nicht mehr gebrauchen konnte. Das macht auf der etwas eintönigen Strecke dann doch wach und so traf ich Nachmittags ohne Tempomat in Windsor ein. Hier stauten sich bereits am Stadteingang die LKWs in die USA. Zum Glück zweigte die rechte Spur dann zum getrennten Zoll ab, so dass die Autos auf der linken schnell voran kamen. Von der hohen Brücke aus hatte ich einen kurzen Blick auf die Detroiter Skyline und stand dann vor dem US Zoll, dessen mit Tarnanzug bekleidete Zöllnerin erst wissen wollte was ich in Kanada gemacht hätte und wie lange ich vorhätte in den USA zu bleiben. Ich schaute auf die Uhr, grinste und antwortete: 5 Stunden. Die Zöllnerin lächelte zurück und lies mich durch. Danach durfte ich noch den Brückenzoll bezahlen und war dann auf den holprigen Straßen Richtung Flughafen. Fahrzeug getankt, zurückgebracht, eingecheckt. Eine intensive Leibesvisitation später saß ich noch für 2 Stunden in der Business Lounge des neuen Flughafens, fand mich dann am Gate ein und wurde nochmals zusammen mit meinem Handgepäck vor dem Einsteigen ins Flugzeug gefilzt. Und ich dachte immer die Terroristen kommen überall her nur nicht aus Amerika...



Detroit - Niagara Falls
Hier geht es nur noch Rückwärts...



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